Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 2. Begriff des deutschen bürgerlichen Rechts. 3 
Rechtsregeln zu verstehn, die sich mit den Privatpersonen als solchen befassen. 
Den Gegensatz zum Privatrecht bildet das öffentliche Recht, d. h. das Recht 
der dem öffentlichen Interesse dienenden Organisationen, also des Staats, der 
Gemeinden, der Kirche usw.; nur soweit diese Organisationen den Privat- 
personen rechtlich gleichgestellt werden, was regelmäßig der Fall ist, wenn sie 
in den privatwirtschaftlichen Verkehr eintreten, gehören auch ihre Rechtsver— 
hältnisse in das Privatrecht. 
Eine genauere Abgrenzung des bürgerlichen Rechts gegen das öffentliche soll an dieser 
Stelle nicht versucht werden, da die Schwierigkeiten, die hier in großer Zahl bestehn, besser 
im Zusammenhang des öffentlichen Rechts zu erörtern sind. Doch sei erwähnt, daß das 
BGB. seines Titels ungeachtet sich keineswegs streng auf das bürgerliche Recht beschränkt, 
sondern hier und da auch auf Fragen des öffentlichen Rechts, z. B. auf die Aufhebung einer 
das Gemeinwohl gefährdenden Stiftung (87), eingeht. Die Aufnahme eines Rechtsinstituts in 
das BE#. ist also nicht, wie man zunächst denken sollte, ein untrügliches Kennzeichen dafür, 
daß es dem bürgerlichen Recht angehört. 
Übrigens sind für die Frage, ob in einem Lehrbuch wie diesem irgend ein öffentlich- 
rechtliches Institut zu besprechen oder umgekehrt ein privatrechtliches Institut zu übergehn 
ist, nicht hochtheoretische, prinzipielle, sondern praktische, didaktische Gründe entscheidend. So 
gehe ich z. B. bei der Schilderung der Gründung eingetragner Vereine unbedenklich auf 
Fragen des öffentlichen Rechts ein, weil es mir wünschenswert erscheint, daß meine Leser 
gerade an der betreffenden Stelle meines Buchs über diese Fragen einigermaßen orientiert 
werden. Umgekehrt lasse ich mich auf eine Darstellung der Haftung der Beamten aus ihren 
Amtsdelikten nicht ein; denn selbst wenn man diese Lehre für privatrechtlich erachten wollte, 
was ich trotz ihrer Erwähnung im B##. (839) nicht tue, ist es doch nicht zweckmäßig sie in 
ein System des Privatrechts hineinzuziehn: sie ist und bleibt ein integrierender Bestandteil 
des Beamtenrechts, das überwiegend dem öffentlichen Recht angehört, und läßt sich nur in 
dessen Zusammenhang würdigen. 
II. Wir stellen nur das Privatrecht dar, das innerhalb des deut- 
schen Reichs gilt, schließen also namentlich das Recht Osterreichs aus. 
III. Wir stellen das Privatrecht nur insoweit dar, als es auf der Grund- 
lage des deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs ruht, d. h. insoweit, als es 
in diesem Gesetzbuch selbst geordnet ist oder doch in untrennbarem Zusammen- 
hang mit den in ihm geordneten Materien steht. Wir scheiden demgemäß das 
Konkurs= und Anfechtungsrecht, das Handels-, Wechsel-, See= und Gewerbe- 
recht, das Wasser-, Berg-, Jagdrecht, das Recht der Lehen und Familienfidei- 
kommisse, das Recht des Adels, das bäuerliche Recht usw. aus. 
Das ist durch methodische Gründe geboten. Denn der Stoff, den das bürgerliche Gesetz- 
buch für ein Lehrbuch bietet, ist überreich schon für sich allein. Auch lassen sich viele der 
auszuscheidenden Materien in ein allgemeines System des Privatrechts nur schwer einteilen; 
so müßte man z. B. das Recht der Familienfideikommisse, wollte man es wirklich mit dem 
allgemeinen bürgerlichen Recht verbinden, halb dem Sachen-, halb dem Erbrecht zuteilen, 
im Bergrecht müßte man das Recht der Gewerkschaft ausscheiden und in die Lehre von den 
juristischen Personen einstellen usw. 
1) Schepp, d. öffentliche Recht im BG. (99); Bornhak, Verwaltungsarchiv 8 S. 1. 
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