Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 58. Verfügungsbeschränkungen. 197 
Konkurses konnte sie nur mit Einwilligung des Konkursverwalters, während der Beschlag- 
nahme konnte sie überhaupt nicht über das Haus verfügen (1395, Konk Ordn. 6, 7, 
Str PO. 332, 334). Daß nun in alledem wirklich bloß eine Verfügungsbeschränkung 
und nicht etwa eine Aufhebung der Verfügungsmacht der A. lag, geht daraus hervor, daß 
die Verfügungssperre in allen drei Fällen eine bloß vorübergehende war: sobald die Ehe 
der A. aufgelöst, ihr Konkurs beendigt, die Beschlagnahme über ihr Vermögen aufgehoben 
war, war auch ihre Verfügungsmacht über das Haus in ihrem ursprünglichen Umfang von 
selbst wieder in Kraft getreten. Außerdem war während der Ehe und während des Kon- 
kurses noch ein weiterer Rest ihrer ursprünglichen Verfügungsmacht erhalten geblieben: 
während der Ehe dank der Regel, daß grundsätzlich zwar Frau A. nicht allein, aber auch 
kein andrer ohne sie über das Haus verfügen konnte (1375), während des Konkurses dank 
der Regel, daß eine von Frau A. über das Haus getroffene Verfügung nicht absolut nichtig, 
sondern nur gegenüber den Konkursgläubigern unwirksam war (Konk Ordn. 7). II. Anders 
wäre die Rechtslage gewesen, wenn die A. bei Eingehung ihrer Ehe mit ihrem Mann ver- 
tragsmäßig Gütergemeinschaft ausgemacht hätte. Denn dann hätte sie das Recht, allein über 
ihr vormaliges Haus zu verfügen, für immer eingebüßt: selbst nach Auflösung der Ehe 
wäre das Recht nicht von selbst wieder in Kraft getreten (1442, 1443, 1471 II, 1478). 
III. Kann im Fall I die A. während der Dauer ihrer Ehe über ihr Haus nur mit Ein- 
willigung ihres Mannes B. verfügen, so steht, wie schon angedeutet, auch umgekehrt dem 
B. die Verfügung über das Haus nur mit Einwilligung der A. zu (1375). Doch darf man 
deshalb nicht sagen, daß auch dem B. eine echte „Verfügungsbeschränkung“ im Sinn des 
Gesetzes auferlegt sei; denn daß B. bei seinen Verfügungen über das Haus an die Ein- 
willigung der A. gebunden ist, gilt nicht bloß vorübergehend; freilich fällt diese Beschränkung 
fort, sobald die Ehe aufgelöst ist, aber nur deshalb, weil nunmehr die Verfügungsmacht des 
B. über das Haus überhaupt in Fortfall kommt. 
b) Die meisten Verfügungsbeschränkungen gelten unmittelbar kraft Gesetzes. 
Doch gibt es auch einige wichtige Verfügungsbeschränkungen, die erst auf Grund 
einer für einen konkreten Fall erlassenen Anordnung einer zuständigen Behörde, 
insbesondre einer einstweiligen Verfügung des Gerichts, in Kraft treten. 
Beispiele siehe zu a. 
J%) Trifft jemand eine Verfügung, die an und für sich unter seine Ver- 
fügungsmacht fällt, deren Vornahme ihm aber durch eine ihm auferlegte Ver- 
fügungsbeschränkung verwehrt ist, so ist die Verfügung grundsätzlich ebenso 
nichtig wie die Verfügung einer Person, die der Verfügungsmacht gänzlich 
darbt. Doch greifen zwei wichtige Ausnahmevorschriften ein. 
a) In einigen Fällen ist die Verfügung, wie schon erwähnt, nicht völlig 
nichtig, sondern nur gegenüber bestimmten Personen unwirksam. 
# In andern Fällen ist die Verfügung sogar in analoger Anwendung 
der Vorschriften zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten 
herleiten, vollgültig. Doch ist der Kreis dieser Fälle auffälligerweise weit 
enger gezogen als bei den Verfügungen dessen, der der Verfügungsmacht 
gänzlich darbt. 
Beispiele. I. Wenn eine Ehefrau A. über eine zu ihrem eingebrachten Gut gehörige 
Forderung ohne Einwilligung ihres Mannes verfügt, ist die Verfügung, weil im Wider- 
spruch zu der mehrfach erwähnten der Ehefrau während der Ehe auferlegten Verfügungs- 
beschränkung stehend, gerade so nichtig, wie wenn die A. über eine irgendeinem Fremden 
gehörige Forderung verfügt hätte. II. Wenn B. eine ihm gehörige Forderung an den C. 
veräußert, obschon er durch einen früher abgeschlossenen Vertrag verpflichtet ist, diese 
Forderung an D. abzutreten, und auf Antrag des D. eine gerichtliche einstweilige Verfügung
	        
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