§ 59a. Vertragsschluß. Annahmefrist. 209
Verlängerung seines demnächst ablaufenden Mietvertrages um ein Jahr an. a) A. stellt den
Antrag in Anwesenheit B.s, indem er den B. in dessen Wohnung aussucht; B. ist sichtlich
erfreut über A.s Angebot; trotzdem holt er zunächst den alten Mietkontrakt, wirft einen
Blick hinein und sagt erst nach einer Minute: „ich nehme an“; darauf erwidert aber A.,
der aus B.8 Benehmen ersehn hat, wie viel diesem an der Verlängerung des Vertrages
lag: „wir müssen aber an dem Vertrage einiges ändern; namentlich muß ich den Mietzins
um 300 Mk. steigern." Hier ist A. zu dieser nachträglichen Abänderung seines Antrages
wohl befugt; denn B. hat ja den ursprünglichen Antrag A.s nicht „sofort“ angenommen.
b) A. stellt den Antrag in Abwesenheit B.s, indem er ihm den Antrag brieflich durch die
Post zusendet; in dem Hause A.# werden Postbriefe täglich viermal bestellt, um 8 und 11 Uhr
vor-, um 3 und 7 Uhr nachmittags; da der Brief von A. eines Samstags um 4 Uhr nach-
mittags abgeschickt ist, trifft er bei B. am selben Tage um 7 Uhr ein. Hier kann B. seine
Antwort nach der Verkehrssitte gleichfalls mit der Post schicken und braucht den Brief nicht
schon am nämlichen Tage, weil es dazu zu spät ist, und auch nicht am folgenden Tage, weil
dieser ein Sonntag ist, sondern erst am folgenden Montag Vormittag derart abzusenden,
daß er an diesem Tage um 3 Uhr nachmittags bei A. eintrifft; A. muß also auf die Ant-
wort B.s fast 48 Stunden warten, und B. hat eine Uberlegungsfrist von etwa 40 Stunden.
4) Derselbe Fall wie zu b; nur ist durch ein Versehn des Postboten der Brief A.s bei B.
erst am Montag um 11 Uhr abgeliefert. Hier wird die Annahmefrist für B., obschon er an
der Verzögerung unschuldig, nicht verlängert, sondern B. muß dafür sorgen, daß A. die
Antwort gerade zu derselben Zeit erhält wie zu b; er wird also gut daran tun, wenn er
seinen Annahmebrief dem A. nicht mit der Post zuschickt, sondern ihn noch am Montage
vor 3 Uhr nachmittags persönlich oder durch einen zuverlässigen Privatboten bei A. abliefert.
T) Derselbe Fall wie zu b; nur erhält B. den Antrag A.# erst Montag um 7 Uhr abends.
Hier ist dem B. eine rechtzeitige Annahme des Antrages von Anfang an unmöglich.
2. a) C. fragt bei D. an, ob dieser ihm nicht ein Bild, das er ihm seit einiger Zeit leih-
weise überlassen, verkaufen wolle; D. antwortet: „selbstverständlich; der Preis beträgt
300 Mk.; wenn Sie mir nicht abschreiben, nehme ich an, daß Sie hierauf eingehn.“ Hier
kann C. die in diesem Fall zulässige „stille“ Annahme beliebig spät äußern; die Annahme-
frist wird erst ablaufen, wenn D. ihn nachträglich zu einer Außerung auffordert. b) Anders
in dem oben S. 207 erwähnten Fall der Zusendung eines unbestellten Loses. Hier wird die
Annahmefrist spätestens am Tage der Ziehung des Loses ablaufen. II. E. bietet dem F.
brieflich einen Schmuck für 8000 Mk. zum Ankauf an und fügt hinzu, entweder 1. „ich halte
mich an dies Gebot sechs Wochen lang gebunden", oder 2. „Drahtantwort erbeten“. Hier
ist die Annahmefrist zu 1. auf sechs Wochen verlängert, zu 2. auf soviel Stunden verkürzt,
als die Beförderung des Antragsbriefs von E. an F. und des Antworttelegramms von F.
an E. regelmäßig in Anspruch nimmt.
b) Ist eine dem Antragsteller erst nach Ablauf der Annahmefrist zuge-
gangene Annahmeerklärung von dem Antragsempfänger derart abgesendet
worden, daß sie bei regelmäßiger Beförderung dem Antragsteller rechtzeitig
zugegangen sein würde, und mußte der Antragsteller dies erkennen, so hat er
die Verspätung dem Antragsempfänger spätestens unverzüglich nach dem
Empfang der Erklärung anzuzeigen. Verzögert er die Absendung der Anzeige,
so gilt die Annahme als nicht verspätet. Die Annahmefrist wird also in
diesem Fall nachträglich bis zum Eingang der Annahmeerklärung ver-
längert (149).
Beispiel siehe unten hinter c.
Tc) Hat der Antragsempfänger die Annahme des Antrages nicht binnen
3) Siehe RE. 50 S. 193, 59 S. 298.
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl- 14