§ 59a. Vertragsschluß. Ablehnung des Antrages. Widerruf von Antrag u. Annahme. 211
b) Ein zweiter Fall ist der, daß der Antragsteller während des Laufs
der Annahmefrist, aber noch vor der Annahme stirbt oder geschäftsunfähig
wird; doch erlischt der Antrag in diesem Fall nicht unbedingt, sondern nur
wenn dies erkennbar dem Willen des Antragstellers entspricht (153). Dasselbe
wird gelten, wenn in dieser Zeit der Antragsempfänger stirbt oder geschäfts-
unfähig wird.“
Beispiele. I. 1. A., ein alter Theaterfreund, hat seit Jahren auf einen Eckplatz im
Parkett des Stadttheaters abonniert; kurz vor Beginn der Saison 08 beantragt er die Er-
neuerung des Abonnements, stirbt aber, noch ehe das Theater die Annahme der Bestellung
erklärt hat; sein Erbe ist ein entfernter Verwandter. Hier ist der Antrag A.s mit seinem
Tode erloschen. 2. Derselbe Fall; nur wird das Abonnement nicht von A. beantragt, sondern
ihm von dem Theater angeboten; vor oder gleich nach Eingang des Angebots stirbt A. Hier
ist die Entscheidung dieselbe wie zu I. II. Kaufmann B. stirbt, während für einige von ihm
gestellte und an ihn gerichtete geschäftliche Anträge die Annahmefrist noch läuft; sein Geschäft
geht auf seinen Sohn über. Hier werden alle diese Anträge auch nach B.s Tode in
Kraft bleiben.
6. a) Als empfangsbedürftige Willenserklärung kann der Antrag vom
Antragsteller, die Ablehnung und regelmäßig auch die Annahme des Antrages
vom Antragsempfänger so lange frei widerrufen werden, als sie der Gegen-
partei noch nicht zugegangen sind, vorausgesetzt, daß es dem Widerrufenden
gelingt, den Widerruf der Gegenpartei spätestens zugleich mit der widerrufenen
Erklärung zugehn zu lassen (oben S. 203 II). Ein späterer Widerruf ist un-
zulässig, es sei denn, daß der Antragsteller das Recht eines solchen nachträg-
lichen Widerrufs sich besonders vorbehalten oder dem Antragsempfänger be-
sonders eingeräumt hat.
Beispiel. A. möchte einen Antrag, den er vor einer Viertelstunde telegraphisch an B.
gestellt, widerrufen. Hier wird er den Widerruf dem B. durch dringendes Telegramm oder
vielleicht auch telephonisch übermitteln müssen, wenn er irgendwie Aussicht haben will, daß
der Widerruf wirksam sein soll.
Ein Antrag, den jemand unter Vorbehalt des Widerrufs stellt, steht einer unverbind-
lichen Einladung zum Vertragsschluß nahe. Der Unterschied ist aber, daß der widerrufliche
Antrag so lange verbindlich ist, als der Antragsteller ihn nicht widerruft, während eine bloße
Einladung zum Vertragsschluß erst dann verbindlich wird, wenn der Antragsteller sie noch-
mals positiv bestätigt. Auch erlischt das Widerrufsrecht im Zweifel, sobald die Gegenpartei
ihre Annahmeerklärung abgesendet hat.
b) Anders steht es mit der durch stille Willensäußerung erfolgenden An-
nahme: sie ist, sobald sie einmal geschehn, sofort unwiderruflich, es sei denn,
daß der Antragsteller dem Antragsempfänger ein Widerrufsrecht besonders zu-
standen hat.
Beispiel. A. hat dem B. eine Kiste Zigarren zum Preise von 12 Mk. unbestellt mit
dem Bemerken zugeschickt, daß eine Antwort nur nötig sei, wenn B. die Kiste nicht behalten
wolle; B. nimmt die Kiste „still“ an, indem er sie dem C. schenkt; nachträglich hört er, daß
die Zigarren nicht preiswert seien, läßt sich die Kiste von C. zurückgeben und stellt sie dem
A. zur Verfügung. Hier ist B. im Unrecht; er kann die einmal still erklärte Annahme
nicht wieder rückgängig machen.
4) Abw. Planck Anm. 2 zu § 153, Ortmann Anm. 5 zu § 153.
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