216 Buch J. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte.
hängigkeit des Grundstückskaufs von dem Pferdekauf annimmt, sie auf dem Umwege einer
Umdeutung des kombinierten Grundstücks- und Pferdekaufs in zwei getrennte Geschäfte, von
denen der eine nur dem Gut, der andre nur dem Pferde gilt (140), eliminieren. II. 1. C. hat
mündlich die Bürgschaft für eine Darlehnsschuld des D. gegenüber dem E. in Höhe von
3000 Mk. übernommen und, da das Gesetz hierfür die Schriftform vorschreibt (766), nach-
träglich einen Schein ausgestellt, dessen Text lautet: „Hiermit leiste ich für D. bis zum Be-
trage von 3000 Mk Bürgschaft.“ Hier ist die Bürgschaft nichtig; denn der Bürgschafts-
schein gibt die Bürgschaftserklärung C.# nur unvollständig wieder, weil er den Namen des
Gläubigers nicht nennt. 2. F. hat einen ihm gehörigen Laden, der schon bisher vermietet
war, nach Ablauf des letzten Mietverhältnisses schriftlich an seinen Bruder G. auf 10 Jahr
neu vermietet; die Höhe des Mietzinses ist in dem Schriftstück in einer der folgenden Arten
sestgesetzt: a) „Mietzins wie mündlich vereinbart“; b) „Mietzins wie bisher“; c) „Mietzins
ist vom Mieter selbst je nach dem Gange seines Geschäfts billig zu bestimmen“. Hier ist im
Fall a der Mietvertrag nur auf unbestimmte Zeit gültig (s. oben S. 214); denn da das
über den Mietvertrag aufgesetzte Schriftstück wegen des Mietzinses lediglich auf eine münd-
liche Vereinbarung der Parteien hinweist, gibt es die Willensäußerungen der Parteien, aus
denen der Mietvertrag sich zusammensetzt, nur unvollständig wieder; der Mietvertrag kann
also nicht als schriftlich abgeschlossen gelten. Anders in den Fällen b und c: auch hier ent-
hält freilich der schriftliche Mietvertrag eine Lücke; die Lücke besteht aber nicht darin, daß das
von den Parteien aufgesetzte Schriftstück ihre Vereinbarungen unvollständig wiedergibt,
sondern daß diese Vereinbarungen selber unvollständig waren; eine solche materielle Unvoll-
ständigkeit des Schriftstücks ist aber unschädlich. An dieser Entscheidung ist im Fall b selbst
dann festzuhalten, wenn der „bisherige“ Mietzins auch zwischen F. und dem früheren Mieter
nur mündlich vereinbart und sogar dann, wenn der frühere Mieter kein andrer als G. selbst
gewesen ist; denn auch hier muß es dabei bleiben, daß die Parteien für das neue zehnjährige
Mietverhältnis keinen neuen Mietzins haben vereinbaren, sondern den bisherigen Mietzins
haben beibehalten wollen, und eben dies gibt das von den Parteien aufgesetzte Schriftstück
vollständig wieder. III. In dem oben zu l erwähnten Fall des Gutsverkaufs haben die
Parteien, um Kosten und Stempel zu sparen, den Kaufpreis in der notariellen Kaufurkunde
nur auf 250 Mk. für den Ar angegeben. Hier ist der Kauf nichtig; denn der beurkundete
Preis von 250 Mk. gilt nicht, weil er nicht im Ernst vereinbart ist (117); der nicht beur-
kundete Preis von 300 Mk. gilt nicht, weil er nicht formgerecht vereinbart ist.
Der Regel zu a entspricht es, daß, wenn das formbedürftige Rechtsgeschäft ein Verlrag
ist, der Formzwang sich gleichmäßig sowohl auf den Antrag zum Vertragsschluß wie auf
die Annahme des Antrages bezieht. — Beispiel. Ein Verein will im Frühjahr 09 an einer
bestimmten Stelle einen Sportplatz anlegen, falls es gelingt, die dafür erforderlichen zwanzig
kleinen Bodenparzellen zu erwerben; gelingt der Erwerb auch nur einer der Parzellen nicht,
so muß der Sportplatz an einer ganz andern Stelle angelegt werden; demgemäß verhandelt
der Vereinsvorstand mit jedem einzelnen der zwanzig Parzelleneigentümer in der Art, daß
ein Eigentümer nach dem andern dem Verein für seine Parzelle cinen Verkaufsantrag stellt
und sich bis zum 1. Febr. 09 daran bindet; sind bis zu diesem Termin von sämtlichen
Eigentümern angemessene Verkaufsanträge gestellt, so nimmt der Verein sie alle an; läßt
auch nur ein einziger Eigentümer sich zur Stellung eines solchen Antrages nicht bestimmen,
so lehnt der Verein alle Anträge ab. Hier muß der Verein darauf halten, daß die Verkaufs-
anträge sämtlich notariell oder gerichtlich beurkundet werden; denn sonst ist auf die Anträge
kein Verlaß, da die für einen Grundstücksverkauf geltenden Formen auch für bloße An-
träge zum Grundstücksverkauf gelten. Freilich macht das ansehnliche Kosten, und diese
Kosten sind ganz vergeblich ausgewendet, wenn der Verein schließlich nicht in der Lage ist,
die Anträge anzunehmen.
b) Auch hier fehlt es aber an Ausnahmen nicht. Am wichtigsten ist, daß
bei gewissen Verträgen nur die Außerungen derjenigen Partei formbedürftig
sind, die unter dem Vertragsschluß zu leiden hat; und zwar ist anzunehmen,
daß der Formzwang auch für die Außerungen dieser Partei nur so weit gilt,