228 Buch I. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte.
auf eine Undeutlichkeit oder Unvollständigkeit ihrer Erklärungen aufmerksam zu
machen (s. bayr. Notariatsges. 27).
III. In allen Fällen, in denen die Reichsgesetze die gerichtliche oder
notarielle Beurkundung einer rechtsgeschäftlichen Erklärung vorschreiben, be-
handeln sie beide Arten der Beurkundung als gleichwertig, so daß die Parteien
die Wahl zwischen ihnen haben. Sie gestatten aber, daß die Landesgesetze nur
die eine der beiden Arten zulassen und die andre ausschließen (EG. 141).
Von dieser Ermächtigung haben Preußen, Sachsen, Württemberg, Hessen und
die meisten andern Staaten keinen Gebrauch gemacht; sie lassen also sowohl
die gerichtliche wie die notarielle Beurkundung zu. Dagegen haben sich Bayern,
Baden, Elsaß-Lothringen, Hamburg und Bremen mit gewissen Ausnahmen
ausschließlich für die notarielle, Rudolstadt, beide Lippe und Waldeck aus-
schließlich für die gerichtliche Beurkundung entschieden (AusfGes. Bayern 167
1, Bremen 6, Lippe 14; FG. Elsaß-Lothr. 44, Baden 34, 35, Hamburg 9,
Rudolstadt 30, Schaumburg 27, Waldeck 23).
In einigen Fällen, in denen die Reichsgesetze die gerichtliche oder notarielle Beur-
kundung einer rechtsgeschäftlichen Erklärung vorschreiben, z. B. beim Verkauf von Grund-
stücken, gestatten sie es, daß die Landesgesetze noch eine andre Art der Beurkundung, z. B.
durch Gemeindebeamte, für zulässig erklären (EG. 142). Die Landesgesetze haben von dieser
Ermächtigung einen sehr verschiedenen Gebrauch gemacht. Hiervon wird aber erst später zu
reden sein.
)) Offentliche Beglaubigung.!
8 60c.
I. 1. Die Vorschrift, daß die rechtsgeschäftliche Erklärung einer Partei in
öffentlich beglaubigter Form abzugeben ist, bedeutet: erstens, daß
jemand den Text der Erklärung formlos aufzeichnen, zweitens daß die Partei
diese Aufzeichnung eigenhändig unterschreiben oder mit einem Handzeichen ver-
sehn, drittens daß ein hierfür zuständiger Beamter der Vollziehung oder An-
erkennung der Unterschrift oder Unterzeichnung von seiten der Partei bei-
wohnen und dies durch einen unter die Urkunde zu setzenden und von ihm
selber eigenhändig zu unterschreibenden formellen „Beglaubigungsvermerk" be-
scheinigen muß (129 1; R. FG. 183).
a) Die Aufzeichnung des Textes der Erklärung unterliegt den gleichen Regeln wie im
Fall der Schriftlichkeit. Sie bedarf also nicht, wie bei einer gerichtlichen oder notartellen
Beurkundung, der Protokollform, sie kann auch in fremder Sprache erfolgen usw.
b) Auch für die Unterschrift der Partei gelten dieselben Regeln wie im Fall der Schrift-
lichkeit mit der einzigen Abweichung, daß die Partei nicht nur mit ihrem Namen, sondern
auch mit einem beliebigen Handzeichen unterschreiben darf (s. 129 1).
c) Der Beglaubigungsvermerk wird auf Grund einer Verhandlung zwischen der Partei
und dem beglaubigenden Beamten erteilt. Diese Verhandlung bezieht sich aber nicht auf den
Text der Parteierklärung, sondern nur darauf, daß die Partei den Text vor den Augen des
1) Literatur s. oben § 60b,