Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

230 Buch I. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte. 
V. v. 20. 12. 99; sächs. Ges. v. 15. 6. 00 § 41; württemb. AusfGes. 124; 
JG. Baden 42, Hessen 65). 
3. Daß ein zur Beglaubigung von Unterschriften zuständiger Beamter im 
Einzelfall zur Beglaubigung unfähig sei, ist nirgends vorgeschrieben. Danach 
ist eine notarielle Beglaubigung gültig, auch wenn sie die eigne Unterschrift 
des Notars oder die seiner Frau oder die einer Partei betrifft, die in der 
beglaubigten Erklärung eine Verfügung zu gunsten des Notars trifft. Doch 
ist es den Beamten selbstverständlich untersagt, in Fällen dieser Art von ihrer 
Zuständigkeit Gebrauch zu machen (R. FG. 6, 7; FG. Preußen 84 usw.). 
4. Ein Beamter, der eine Erklärung beglaubigt, hat auf deren Inhalt 
noch weniger Einfluß als ein Beamter, der eine Erklärung beurkundet. Ja 
in Preußen darf er nicht einmal Kenntnis von diesem Inhalt nehmen, es sei 
denn, daß die Partei es ihm besonders gestattet, während in Bayern ihm die 
Einsicht in die Erklärung umgekehrt zur Pflicht gemacht wird (FG. Preußen 
60 1; bayr. Notariatsges. v. 99 Art. 35). 
III. In allen Fällen, in denen ein Reichsgesetz die öffentliche Beglaubigung 
einer rechtsgeschäftlichen Erklärung vorschreibt, kann sie durch die gerichtliche 
oder notarielle Beurkundung der Erklärung ersetzt werden (129 I.). 
0) Sonstige gesetzliche Formvorschriften. 
§ 60 d. 
Außer der Form der Schriftlichkeit, der gerichtlichen oder notariellen Be- 
urkundung und der öffentlichen Beglaubigung finden sich in den Reichsgesetzen 
namentlich folgende Formen vorgeschrieben: 
I. Eine rechtsgeschäftliche Erklärung kann außer durch Richter und Notar 
auch durch einen Standesbeamten beurkundet werden. 
Beispiel. Die Anerkennung der unehelichen Vaterschaft (R. FG. 167 I, 191). 
II. Eine Erklärung ist vor einem Beamten abzugeben; daß sie von ihm 
beurkundet wird, ist nur durch Ordnungsvorschrift bestimmt, gehört also nicht 
zu den wesentlichen Formalitäten. 
Beispiel. Die Eheschließung (1317, 1318 III, 1323, 1324). 
Zweifelhaft ist, ob nicht auch der Abschluß eines Ehevertrages hierher gehört; denn 
auch für ihn ist als wesentliche Formalität ausdrücklich nur die Vornahme vor Gericht oder 
Notar, nicht aber irgendwelche Beurkundung vorgeschrieben (1434).1 Doch glaube ich, daß 
hier lediglich einer der vielen Redaktionsfehler des BGB.s vorliegt. Denn es hätte doch gar 
zu wenig Sinn, einen mündlich abgeschlossenen unbeurkundeten Ehevertrag nur um deswillen 
für gültig zu erklären, weil ein Notar bei dem Abschluß zugegen war. 
Das nämliche gilt bei der Auflassung, zu deren wesentlichen Formalitäten nach dem 
Wortlaut des Gesetzes bloß die Vornahme vor dem Grundbuchamt, nicht aber eine Be- 
urkundung gehört (925).2 
1) Planck-Unzner Anm. 1 zu § 1434. 
2) Biermann Anm. lje zu § 95.
	        
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