Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 60d, e. Gesetzliche und gewillkürte Formvorschriften. 231 
III. Eine Erklärung ist vor drei Zeugen abzugeben und von ihnen schrift- 
lich zu beurkunden. 
Beispiel. Das auf einem deutschen Kauffahrteischif im Auslande errichtete Testa- 
ment (2251). 
c) Der gewillkürte Formzwang im einzelnen. 
§ 60e. 
Ist als gewillkürte Form einer rechtsgeschäftlichen Erklärung die Schrift- 
lichkeit, die gerichtliche oder notarielle Beurkundung oder die öffentliche Be- 
glaubigung bestimmt, so werden im Zweifel dieselben Formalitäten anzuwenden 
sein, wie wenn die Beobachtung einer dieser Formen kraft Gesetzes vorgeschrieben 
wäre (s. 127 Satz 1). Doch gilt, falls die gewillkürte Form die Schriftlich- 
keit ist, die Milderung, daß, soweit nicht ein andrer Wille der Parteien anzu- 
nehmen ist, die schriftlichen Erklärungen auch telegraphisch übermittelt und bei 
einem Vertragsschluß auch durch Briefwechsel abgegeben werden können (127 
Satz 2). Es ist also nicht nötig: im Fall der telegraphischen Übermittlung 
einer empfangsbedürftigen Erklärung, daß diese Erklärung in der ihr von der 
Partei gegebenen schriftlichen Gestalt dem Empfänger vorgelegt oder ausge- 
händigt wird; im Falle des Vertragsschlusses durch Briefwechsel, daß die 
beiderseitigen Erklärungen in einer einheitlichen Urkunde vereinigt werden. Im 
übrigen verbleibt es dagegen auch in den beiden ebengenannten Fällen bei den 
Formerfordernissen der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftlichkeit; insbesondre 
muß in dem ersten Fall die Urschrift des Telegramms, im zweiten Fall jeder 
Brief von dem Absender eigenhändig unterschrieben werden; doch ist beides 
streitig.: 
Hat eine Partei von der nach obiger Regel statthaften Formerleichterung Gebrauch ge- 
macht, so kann jede Partei nachträglich doch noch die Beurkundung in der schwereren, im 
Fall der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftlichkeit bestimmten Form verlangen (127 am Ende). 
10. Inhalt der Rechtsgeschäfte. 
a) Allgemeines. 
860tf. 
I. 1. a) Jede rechtsgeschäftliche Willensäußerung muß einen bestimmten 
Mindestinhalt haben, d. h. die Partei, die die Außerung abgibt, muß einen 
Willensentschluß über eine bestimmte Mindestzahl von Punkten äußern: tut sie 
das nicht, so ist ihre Außerung unfertig und bleibt ohne rechtsgeschäftliche 
Wirkung. Dagegen schadet es nichts, wenn die Partei andre, nicht zu diesem 
1) Abw. Crome 1 § 872°0; Goldmann 1 S. 161; Riezler S. 377. Dagegen sind für 
den Fall des Briefwechsels unfrer Meinung Hölder 1 S. 284; Endemann 1 § 658, .
	        
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