8 60f. Essentialia, naturalia, accidentalia negotii. 237
b) Bedingungen.
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I. 1. Überaus häufig wird in Rechtsgeschäften angeordnet, daß die Rechts-
wirkung, auf die das Geschäft abzielt, nicht allein von der Erfüllung der dafür
aufgestellten gesetzlichen Voraussetzungen, sondern außerdem von dem Eintritt
oder Nichteintritt eines von den Parteien willkürlich bestimmten künftigen un-
gewissen Ereignisses ganz oder teilweise abhängig sein soll. Man bezeichnet
alsdann den Eintritt oder Nichteintritt dieses Ereignisses als die Bedingung
des Rechtsgeschäfts; ebenso häufig verwendet man aber den Ausdruck Bedingung
auch für denjenigen Teil des Rechtsgeschäfts, in dem auf dies Ereignis Bezug
genommen wird.
Beispiel. A. erklärt dem B.: „ich schenke dir 1000 Mk., wenn du dein Examen gut
bestehst". Hier kann man als die „Bedingung“ dieser Schenkung sowohl die Tatsache, daß
B. sein Examen besteht, als auch den Nebensatz in dem Schenkungsversprechen A.s auffassen.
Demgemäß kann man, wenn A. wirklich im Examen gut durchkommt, sowohl sagen, die von
A. gestellte Bedingung ist „eingetreten“, wie, die von B. gestellte Bedingung ist „erfüllt".
2. a) Die Bedingungen sind entweder aufschiebende (suspensive) oder
auflösende (resolutive). Jene besagen, daß die Rechtswirkung, auf die das
Rechtsgeschäft abzielt, erst dann entstehn soll, wenn ein künftiges ungewisses
Ereignis eintritt oder nicht eintritt; diese besagen umgekehrt, daß, wenn ein
künftiges ungewisses Ereignis eintritt oder nicht eintritt, die Rechtswirkung, auf
die das Geschäft abzielt, fortfallen soll.
Beispiel. A. hat gegen B. eine mit 5 % verzinsliche 1909 fällige Forderung; 1907
erläßt er dem B. diese Forderung unter der Bedingung, daß B. binnen eines Jahres aus-
wandert. Dies kann bedeuten: entweder, daß A.s Forderung erst dann erlischt, wenn B.
außer Landes geht, oder daß sie sofort erlischt, aber wieder auflebt, wenn B. noch ein
volles Jahr im Lande bleibt. Im ersten Fall ist sie ausschiebend, im zweiten auflösend.
b) Die Bedingungen sind, vom Standpunkt eines der Beteiligten aus ge-
sehn, entweder potestativ oder kasuell oder gemischt, je nachdem es
in seinem freien Belieben steht, den Eintritt der Bedingung herbeizuführen oder
zu verhindern, oder aber der Eintritt oder Nichteintritt der Bedingung von
seinem Belieben völlig unabhängig ist oder endlich der Eintritt oder Nichtein-
tritt der Bedingung zwar von ihm beliebig verhindert, nicht aber auch beliebig
herbeigeführt werden kann.
Beispiele. Amtsrichter A. mietet auf den 1. April 09 von B. in Hirschberg eine
Wohnung, die zurzeit an C. vermietet ist; der Mietvertrag soll aber nur gelten: I. wenn
A. im Frühjahr 09 nach Hirschberg versetzt wird; II. wenn C. sich bereit erklärt, auf seine
eignen Mieterrechte vom 1. April ab zu verzichten; III. wenn A. nicht binnen 3 Tagen den
Rücktritt erklärt. Hier ist, vom Standpunkt A.# aus gesehn, die erste Bedingung gemischt,
die zweite kasuell, die dritte potestativ.
1) F. Leonhard, Jahrb. f. Dogm. 39 S. 174; A. Kohler, Arch. f. BR. 15 S. 1,
25 S. 164; Holtz, Schwebezustand (O4); Strohal, Grenzen d. Rechtskraft bei bedingten.
Rechtsverhältnissen (05); Schott, Veräußerungsperbote und Resolutivbedingungen (05).