Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 62a. Veräußerungsverbote. 249 
a)Sie verbieten der Regel nach auch jede andre Verfügung über das 
Recht, insbesondere dessen Verpfändung und den Verzicht darauf. 
6) Sie verbieten der Regel nach auch Geschäfte, durch die jemand zur 
Vornahme einer verbotenen Verfügung obligatorisch verpflichtet werden soll. 
Beispiel. A., an den das Konkursgericht ein allgemeines Veräußerungsverbot erlassen 
hat, hat gleich darauf zugunsten seines Nachbarn an seinem Hause eine Grunddienstbarkeit 
bestellt und sodann das Haus an C. verkauft, aber noch nicht aufgelassen. Hier sind diese 
beiden Geschäfte ungültig, obschon keines von ihnen eine „Veräußerung“ ist (s. oben 
S. 159). 
c) Die Veräußerungsverbote sind entweder relative oder absolute. Jene 
untersagen die Veräußerung nur zum Schutz bestimmter Personen, diese unter- 
sagen sie im allgemeinen Interesse. 
a Die relativen Veräußerungsverbote sind durch folgende drei Regeln 
ausgezeichnet (135, 136): I. Eine Verfügung, die dem Verbot widerspricht, ist 
nicht nichtig, sondern bloß gegenüber den Personen unwirksam, zu deren Schutz 
das Verbot bestimmt ist. II. Das Verbot gilt nicht bloß für echte Verfügungen, 
die im Wege des privaten Rechtsgeschäfts, sondern auch für Quasiverfügungen, 
die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung getroffen 
werden. III. Auf Rechtsgeschäfte, die gegen das Verbot verstoßen, finden die 
Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten 
herleiten, analoge Anwendung. 
8) Für absolute Veräußerungsverbote ist keine der drei Regeln zu c auf- 
gestellt. 
Beispiele. I. 1. An A. ist vom Konkursgericht ein allgemeines Veräußerungsverbot 
erlassen; trotzdem erwirkt ein Gläubiger A.s, B., zu seinen Gunsten im Wege der Zwangs- 
vollstreckung die Eintragung einer Hypothek an einem Hause A.s; gleich darauf läßt A. 
selber rechtsgeschäftlich eine zweite Hypothek an dem nämlichen Hause zugunsten eines andern 
Gläubigers C. eintragen; als die Eintragung der Hypotheken beim Grundbuchamt bean- 
tragt wurde, hat B. den Erlaß des Veräußerungsverbots gekannt, während er dem C. un- 
bekannt war; im Grundbuch ist das Verbot nicht eingetragen worden. Hier ist die erste 
Hypothek gegenüber den Konkursgläubigern A.3 unwirksam; dagegen ist die zweite Hypothek 
mit Rücksicht auf die Vorschriften zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtbe- 
rechtigten herleiten (891), vollgültig. 2. Derselbe Fall; nur wird das Verbot nachträglich 
aufgehoben, ohne daß es zu einem Konkurse über A.s Vermögen kommt. Hier ist auch die 
erste Hypothek vollgültig; denn Konkursgläubiger, denen gegenüber sie unwirksam sein könnte, 
gibt es ja jetzt nicht. II. Dieselben beiden Fälle wie zu 1; nur ist an die Stelle des all- 
gemeinen Veräußerungsverbots eine strafprozessuale Beschlagnahme von A.3 Vermögen zu 
setzen. Hier ist gerade umgekehrt die erste Hypothek vollgültig, die zweite ungültig, jene, 
weil sie nicht auf rechtsgeschäftlicher Verfügung beruht, diese, weil die „Vorschriften zugunsten 
derjenigen usw.“ nicht zur Anwendung kommen. Und hierbei verbleibt es, auch wenn die 
Beschlagnahme später aufgehoben wird; denn die Ungültigkeit der zweiten Hypothek ist 
dauernde absolute Nichtigkeit (134).
	        
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