8 67. Vollmachtserteilung und Vollmachtsanzeige. 279
nommen, zu Recht. IV. 1. R. erteilt dem S. Vollmacht, dem T. ein Grundstück abzu—
kaufen. Hier muß, wie wir wissen, der Kauf selbst gerichtlich oder notariell beurkundet
werden (313). Dagegen kann die Vollmacht von R. auch mündlich erteilt werden. 2. Wenn
U. es wissentlich duldet, daß seine Frau sich in seinem Namen kleine Geldbeträge von dem
Nachbar V. borgt, hat er sie damit stillschweigend bevollmächtigt, auch in Zukunft ähnliche
Borggeschäfte mit V. abzuschließen. V. W., der Vormund des minderjährigen Kaufmanns
X., erteilt namens des X. mit der gesetzlich vorgeschriebenen Genehmigung des Vormund-
schastsgerichts dem Y. jene eigentümliche Generalvollmacht, die das Handelsgesetzbuch Pro-
kura nennt (1822 Nr. 11). Hier wäre w kraft der Prokura an und für sich befugt, namens
des K. Grundstücke zu kaufen (HGB. 49). Nun ist aber W. selber zum Erwerbe von Grundstücken
namens des K. nur zuständig, wenn er dazu jedesmal eine spezielle Genehmigung des Vor-
mundschaftsgerichts erwirkt (1821 Nr. 4, 1825). Also bedarf auch ). zu jedem Grundstücks-
erwerbe einer solchen Spezialgenehmigung.
6) Die rechtsgeschäftsähnlichen Akte, die der Vollmachtserteilung gesetzlich
gleichgestellt sind, sind von mannigfacher Art. Doch können hier und im folgen-
den nur drei von ihnen, die wir unter dem Namen Vollmachtsanzeige
zusammenfassen wollen, besprochen werden, weil nur sie von allgemeiner Be-
deutung sind, nämlich: I. der Vollmachtgeber teilt einem Dritten mit, daß er
dem Vollmachtnehmer Vollmacht erteilt habe; II. er macht öffentlich bekannt,
daß er dem Vollmachtnehmer Vollmacht erteilt habe; III. er händigt dem
Vollmachtnehmer eine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde ein, und dieser legt
die Urkunde einem Dritten vor1 (171 I, 172 D.
aa) Die Vollmachtsanzeige wirkt gegenüber jedermann, wenn sie durch
öffentliche Bekanntmachung geschah. Andernfalls ist sie nur gegenüber dem
Dritten wirksam, dem der Vollmachtgeber die Vollmachtserteilung mitgeteilt
oder der Vollmachtnehmer die Vollmachtsurkunde vorgelegt hat (171 I, 172 D.
85) Die Vollmachtsanzeige ist ebensosehr empfangs= und ebensowenig an-
nahmebedürftig wie die Vollmachtserteilung. Auch ist sie gerade so formfrei
und wirkt, wenn sie namens einer nicht vollgeschäftsfähigen Person erfolgt,
ebenso beschränkt wie diese.
*)) Die Vollmachtsanzeige ist nicht etwa bloß ein Beweismittel dafür,
daß die Vollmacht, auf die sie hinweist, wirklich erteilt ist, sondern soll die
Vollmachtserteilung ganz ersetzen. Demgemäß ist die Anzeige auch dann rechts-
wirksam, wenn sie nachweislich unrichtig ist: ist die Vollmacht, auf die die
Anzeige verweist, in Wirklichkeit nicht erteilt, so wird sie eben durch die An-
zeige neu geschaffen. Und zwar gilt diese Wirksamkeit der unrichtigen Voll-
machtsanzeige nicht etwa bloß gegenüber Dritten, die sie irrtümlich für richtig
gehalten, sondern auch gegenüber Dritten, die ihre Unrichtigkeit nachweislich
gekannt haben.
) Die Vollmachtsanzeige ist nicht notwendig ein Rechtsgeschäft. Denn
wenn der Vollmachtgeber die Erteilung der Vollmacht als eine bereits erfolgte
Tatsache einem Dritten anzeigt oder wenn er dies öffentlich bekannt macht
1) R. 56 S. 63.
2) Biermann a. a. O. S. 22.