282 Buch I. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte.
klärung in Wahrheit bevollmächtigt war; denn es handelt sich hier um einen Vertragsschluß
mit der C. Wenn die C. dagegen die Herabsetzung des Mietzinses, die B. anbietet, nicht
für ausreichend hält und deshalb unter Ablehnung des Antrages des B. die Wohnung
kündigt, kann B. diese Kündigung mangels einer von A. auf seine Tochter ausgestellten Voll-
machtsurkunde als unwirksam zurückweisen; denn es handelt sich hier um ein einseitiges
Rechtsgeschäft der C. II. D. macht dem E. irgendeinen Vertragsantrag, und F. nimmt
kraft einer ihm von E. mündlich erteilten Vollmacht den Antrag an. Hier kann D. diese
Annahme als unwirksam zurückweisen; denn sie ist, obschon zu einem Vertragsschluß ge-
hörig, für sich genommen geradesogut ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft
wie etwa eine Kündigung: einseitig drängt F. dem D. seine Annahmeerklärung auf! Ganz
anders war die Rechtslage im Fall I, in dem schon der Vertragsantrag B.s an die C. als
Vertreterin ihres Vaters gerichtet war und die Vertreterschaft der C. sich also nicht bloß
einseitig auf die Abgabe der Annahmeerklärung, sondern zweiseitig auf den ganzen Ver-
trag bezog.
Ihrem gesetzlichen Wortlaut nach gilt die Regel zu e (gerade wie die analoge Regel
oben S. 189) nur für empfangsbedürftige einseitige Rechtsgeschäfte, die „gegenüber einem
andern", d. h. gegenüber der Gegenpartei abzugeben sind. Wie steht es aber mit Rechts-
geschäften, die gegenüber einer Behörde vorgenommen werden müssen? Hat hier auch die
Behörde ein Zurückweisungsrecht? Oder ist das Rechtsgeschäft von selbst unwirksam, ohne
daß es einer Zurückweisung seitens der Behörde bedarf? Oder ist es wirksam schlechthin?
!) Die Vollmacht erlischt in folgender Art.
a) Die kausalen Vollmachten erlöschen, wenn das Grundverhältnis, von
dem sie abhängig sind, endigt (168 Satz 1).
6) Die abstrakten und die kausalen Vollmachten erlöschen, wenn der Voll-
machtgeber sie widerruft; der Widerruf ist ein einseitiges, empfangsbedürftiges,
formfreies Rechtsgeschäft und kann sowohl an die Adresse des Vollmacht-
nehmers wie an die Adresse des Dritten gerichtet werden, demgegenüber die
Vollmacht wirksam sein soll (168 Satz 3). Grundsätzlich steht der Widerruf
dem Vollmachtgeber zu jeder Zeit frei und bedarf keiner Begründung. Doch
kann sich bei den kausalen Vollmachten aus dem Grundverhältnis ergeben, daß
der Vollmachtgeber zum Widerruf der Vollmacht gar nicht oder nur beschränkt
berechtigt sein soll (168 Satz 2). Dies wird namentlich dann der Fall sein,
wenn der Vollmachtnehmer selber ein eignes auch vom Vollmachtgeber zu be-
rücksichtigendes rechtliches Interesse an der Fortdauer der Vollmacht hat.3
7) Die abstrakten und die kausalen Vollmachten erlöschen, wenn eine
Tatsache eintritt, die nach dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Voll-
machtgebers bei Begründung der Vollmacht diese aufhebt; hierher kann im
Einzelfall gehören, daß der Vollmachtnehmer stirbt oder geschäftsunfähig wird,
daß die Zeit abläuft, für die allein die Vollmacht gelten soll, usw.
Beispiele. I. Wenn A. den Vizewirt seines Hauses B. bevollmächtigt hat, von den
Mietern des Hauses die Mietzinsen einzuziehn, so ist diese Vollmacht offenbar kausal gedacht,
d. h. sie ist abhängig davon, daß B. die Stelle als Vizewirt inne hat. Hier geht also B.=
Vollmacht, wenn er die Vizewirtschaft durch eine Mitteilung an A. rechtmäßig niederlegt,
in dem Augenblick unter, in dem diese Mitteilung dem A. zugeht. II. 1. Fabrikant C. hat
den D. auf fünf Jahre als Fabrikdirektor angestellt und ihm dabei Vollmacht gegeben,
während der Dauer seiner Direktion die Fabrikarbeiter selbständig anzustellen und zu ent-
3) v. Tuhr a. a. O. S. 50.