Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 68. Geschäftsabschluß eines Vertreters mit sich selbst. 293 
kaufen. Ja es genügt in diesem Fall zur Beseitigung des Verbots nicht einmal, daß A. ihn 
zu dem Verkauf an sich selbst besonders ermächtigt hat, sondern es muß ihm außerdem auch 
C. den Ankauf von sich selbst besonders gestattet haben. 3. Dagegen steht nichts im Wege, 
wenn B. die Waren an seinen großjährigen Sohn C. oder an seinen Kompagnon D. ver- 
kauft, obschon in diesem Fall die Unparteilichkeit B.s auf eine ähnlich harte Probe gestellt 
wird wie im Fall 1 und 2. II. Der nämliche B. kann kraft seiner Liquidationsvollmacht 
im Namen A.8s dessen Geschäftsforderungen einziehn und dessen Geschäftsschulden bezahlen. 
Hier gilt die Beschränkung zu 1 nicht. B. kann also auch die Forderungen, die dem A. 
gegen ihn selbst zustehn, an sich selbst als den Vertreter A.# bezahlen und ebenso seine 
eignen Forderungen gegen A. als Vertreter Ass an sich selbst berichtigen, dort, indem 
er Gelder aus seiner Privatkasse in die Geschäftskasse A.s, hier, indem er Gelder aus der 
Geschäftskasse A.s in seine Privatkasse überführt. III. Der nämliche B. kann kraft seiner 
Liquidationsvollmacht im Namen A.s#Banknoten aus dessen Geschäftskasse gegen kleines 
Geld einwechseln. Auch hier gilt die Beschränkung zu 1 nicht, so daß B. die Noten A.# 
auch gegen sein eignes kleines Geld einwechseln kann. Das ist freilich keine Erfüllung einer 
Verbindlichkeit, bedarf also einer besondern Gestattung A.s. Diese Gestattung ist ihm aber 
— der Verkehrssitte gemäß — bereits im voraus erteilt: sie ist in der Liquidationsvollmacht 
stillschweigend mit inbegriffen. 
2. Will der Vertreter einen Vertrag mit sich selbst als Selbstpartei oder 
als Vertreter eines Dritten schließen, so muß er diesen Willen rechtsgeschäft- 
lich äußern. Diese Außerung ist aber nicht, wie das sonst bei Vertragsschlüssen 
die Regel, eine empfangsbedürftige Willenserklärung, sondern eine stille Willens- 
äußerung. 
Beispiele. I. Will in dem zu 1, III genannten Fall B. eine Banknote A.Ss gegen sein 
eignes Kleingeld wechseln, so geschieht es durch den tatsächlichen Wechselakt, auch wenn nie- 
mand diesen Akt bemerkt. Freilich können hier für B. Beweisschwierigkeiten entstehn. Diese 
Schwierigkeiten sind aber genau dieselben, wie wenn B. einen Zeugen zugezogen hätte und 
dieser gestorben wäre. II. Ist der Wechselakt einmal vorgenommen, so ist er sofort unwider- 
ruflich. Doch steht natürlich nichts im Wege, daß B. ihn durch einen entgegengesetzten 
Wechselakt wieder ausgleicht. III. Hat C. seinen Hausaufseher D. ermächtigt, die Parterre- 
wohnung des Hauses auf fünf Jahre an sich selbst zu vermieten, so muß D. diesen seinen 
Willen schriftlich äußern (s. 566). 
3. Hat ein Vertreter einen Vertrag mit sich selbst abgeschlossen, ohne daß 
der Abschluß ihm nach den Regeln zu 1 gestattet war, so hat er eben ohne 
Vertretungsmacht gehandelt. Der Vertrag ist also nicht schlechthin nichtig, 
sondern seine Gültigkeit hängt von der nachträglichen Genehmigung des Ver- 
tretenen ab.= 
II. Analoge Regeln gelten für einseitige Rechtshandlungen, die eine Selbst- 
partei gegenüber sich selbst als Vertreter eines andern oder die ein Vertreter 
gegenüber sich selbst als Selbstpartei oder als Vertreter eines Dritten vor- 
nimmt. 
Beispiel. In dem oben zu I, 1 genannten Fall kann B. kraft seiner Liquidations- 
vollmacht namens des A. dessen Geschäftsforderungen und Geschäftsschulden kündigen, so 
gut wie A. selbst es tun könnte. Doch erstreckt sich diese Kündigungsmacht B.s auf die 
Forderungen A.3 gegen ihn selbst und auf seine eignen Forderungen gegen A. nur, wenn 
A. sie auf diese besonders ausgedehnt hat. 
2) RG. 63 S. 17. 
3) RG. 56 S. 104. Abw. Planck zu § 181 u. die 4. Aufl. d. Buchs 1 S. 242.
	        
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