Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 69. Vertretung ohne Vertretungsmacht. 8 69a. Indirekte Stellvertretung. 297 
tretungsmacht vorgenommen sind, der Vertreter mit der Vornahme einver- 
standen war (180 Satz 3).5 
2. Hiervon abgesehn sind die Regeln zu 1 auf einseitige Rechtsgeschäfte, 
die von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht oder gegenüber ihm vorge- 
nommen werden, nicht anwendbar. Der Vertretene kann sie also nicht durch 
nachträgliche Genehmigung gültig machen, und der Vertreter ist aus ihnen 
(vom Fall eines Delikts abgesehn) nicht persönlich haftbar (180 Satz 1). 
Beispiele. I. A. kündigt namens des Vermieters B., aber ohne Vertretungsmacht, 
dem Mieter C. dessen Wohnung. 1. C. schweigt auf die Kündigung, weil er in entschuldbarem 
Irrtum glaubt, B. habe den A. zu der Kündigung bevollmächtigt. a) Hier kann B. die 
Kündigung nachträglich genehmigen, und zwar auch nach Ablauf der Kündigungsfrist. Dann 
wird die Kündigung gültig. b) Solange B. nicht genehmigt, kann C. die Kündigung nach- 
träglich als ungültig zurückweisen, und zwar auch dann, wenn er sich dem A. gegenüber mit 
der Kündigung positiv einverstanden erklärt hat. c) Geschieht weder das eine noch das 
andre, so ist die Kündigung ungültig; A. ist aber dem C. schadensersatzpflichtig; insbesondre 
muß er, wenn C. sich inzwischen eine andre Wohnung gemietet hat, ihm deren Mietzins 
vergüten. 2. C. hat die Kündigung sofort zurückgewiesen, weil A. ihm keine Vollmachts- 
urkunde vorgelegt hat oder weil die von A. vorgelegte Urkunde ihm verdächtig erschien. 
Hier darf B. nicht nachträglich genehmigen, und A. ist, wenn B. sich schließlich doch eine andre 
Wohnung nimmt, nur im Fall eines Delikts schadensersatzpflichtig. II. 1. D. hat eine 
Hypothek, die ihm an dem Grundstück des E. zusteht, durch Brief an die Adresse von Frau 
E. als der Vertreterin E.s gekündigt; Frau E. hat für E. keine Vertretungsmacht; trotzdem 
schreibt sie dem D., daß sie die Kündigung annehme; dem E. macht sie aber erst nach Ab- 
lauf der Kündigungsfrist von der Kündigung Mitteilung. Hier gelten die drei im Bei- 
spiel I, 1 genannten Säße analog. 2. Derselbe Fall; nur hat Frau E. den Brief D.s un- 
beantwortet gelassen. Hier ist die Kündigung nichtig, auch wenn E. sie nachträglich ge- 
nehmigt; von einer Ersatzpflicht der Frau E. ist keine Rede. 
Übrigens ist es zweifelhaft, ob nicht enigegen dem Wortlaut des Gesetzes die Regeln 
zu I1 doch auch auf nicht empfangsbedürftige Rechtsgeschäfte analog anwendbar sind, z. B. 
auf Auslobungen. 
III. Eine besondre im einzelnen abweichende Regelung hat der Fall erfahren, daß der 
Gewalthaber einer geschäftsunfähigen oder beschränkt geschäftsfähigen Person ohne die er- 
forderliche Genehmigung des Gegenvormundes oder Vormundschaftsgerichts ein Rechtsgeschäft 
abschließt (s. 1829—1832, 1643 111). 
d) Indirekte Stellvertretung. 
§ 69 a.P 
Ülberaus häufig kommt es vor, daß jemand von einem andern ermächtigt 
wird, ein Rechtsgeschäft zwar in eignem Namen, aber im Interesse oder, wie 
man sich ausdrückt, für Rechnung des andern als dessen Fiduziar vorzunehmen. 
Er pflegt alsdann als mittelbarer oder indirekter Stellvertreter 
bezeichnet zu werden. 
I. Leitender Grundsatz ist, daß der mittelbare Stellvertreter Dritten 
gegenüber durchaus wie eine Selbstpartei behandelt wird und das Innen- 
5) Hellwig, Jur. Wochenschrift 05 S. 357.
	        
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