§ 70. Zustimmung. 299
den Verfügungen eines Nichtberechtigten (loben S. 194, 195) und den Rechts-
geschäften eines Vertreters ohne Vertretungsmacht (oben S. 294). Es handelt
sich hier um folgende Regeln.
I. Die Zustimmung kann im voraus und, wenn nichts andres bestimmt
ist, auch nachträglich erteilt werden. Ersterenfalls heißt sie Einwilligung,
letzterenfalls Genehmigung (183, 184).1
II. Die Erteilung sowohl wie die Verweigerung der Zustimmung kann,
wenn nichts andres bestimmt ist, sowohl gegenüber dem, der das zustimmungs-
bedürftige Rechtsgeschäft vorzunehmen gedenkt oder vorgenommen hat, wie
gegenüber der Gegenpartei erklärt werden (182 1).
III. 1. Die Zustimmung bedarf keiner Form, auch wenn das zu-
stimmungsbedürftige Rechtsgeschäft selbst einem Formzwang unterliegt (182 II).
2. Doch besteht ein indirekter Formzwang wenigstens dann, wenn jemand
ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft gegenüber der Gegenpartei
vornimmt, für das die Einwilligung eines Dritten erforderlich ist: das Rechts-
geschäft ist hier unwirksam, wenn er nicht die Einwilligung in schriftlicher
Form vorlegt und die Gegenpartei das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde
unverzüglich zurückweist; doch ist das Zurückweisungsrecht ausgeschlossen, wenn
der Dritte die Gegenpartei von seiner Einwilligung in Kenntnis gesetzt hatte
(182 II).
IV. Die Einwilligung ist bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts frei
widerruflich, soweit sich nicht aus dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden
Rechtsverhältnis ein andres ergibt; der Widerruf kann sowohl gegenüber dem,
der das Rechtsgeschäft vorzunehmen gedenkt, wie gegenüber der Gegenpartei
erklärt werden (183).
Beispiele. I. A. hat darein gewilligt, daß B. sein Pferd in eignem Namen an C.
veräußert; den zu erzielenden Erlös soll B. nach Abzug von 3% Provision an A. abführen.
Hier kann A. so lange, als die Veräußerung noch nicht erfolgt ist, seine Einwilligung jeder-
zeit beliebig widerrufen, obschon er dadurch dem B. die Chance, 3 % Provision zu verdienen,
entzieht. II. D. hat sein kaufmännisches Geschäft dem E. verpachtet und darein gewilligt,
daß E. alle fälligen Geschäftsforderungen in eignem Namen einzieht und den Erlös be-
hält. Hier kann D. die Einwilligung nicht widerrufen, solange das Rechtverhältnis zu
Recht besteht.
V. Die Genehmigung wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechts-
geschäfts zurück, soweit nicht ein andres bestimmt ist (184 1).
Hinzuzufügen ist hier noch, daß durch diese Rückwirkung etwaige Verfügungen nicht
unwirksam werden sollen, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts
von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der
Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt sind (184 II). — Beispiel. Der
minderjährige A. hat im März eine ihm gegen B. zustehende Forderung samt den Zinsen
seit dem 1. April ohne Einwilligung seines Vormundes C. dem D. abgetreten; im Mai ver-
pfändet aber der Vormund C. diese Forderung dem E.; im Juli genehmigt er die Ab-
tretung der Forderung an D. Hier wird die Abtretung zwar mit rückwirkender Kraft gültig
1) Siehe übrigens RG. 60 S. 416.