314 Buch I. Abschnitt 5. Zeitablauf.
beginnt, gleichmäßig Montag der 28. Dezember 1908. Die angeblich viertägige Frist kann
sich also mit Rücksicht auf die drei aufeinander folgenden Feiertage bis auf sieben Tage ver-
längern. 2. A. soll eine Leistung „binnen vier Tagen“ machen. Hier ist Leistungszeit,
wenn die Frist am 22. oder am 23. oder am 24. oder am 25. Dezember 1908 beginnt,
gleichmäßig die ganze Zeit vom Beginn der Frist bis zum 28. Dezember 1908. II. B. darf
laut Abrede seine Wohnung bei C. nur auf den Schluß eines Kalendervierteljahrs kündigen
und muß die Kündigung ein Vierteljahr vorher erklären. Hier brauchte B., wenn er auf
den 31. März 1906 kündigen wollte, die Kündigung nicht schon am 31. Dezember 1905,
einem Sonntage, sondern erst am folgenden Dienstage, dem 2. Januar 1906, zu erklären.
Welche Tage als allgemeine Feiertage gelten, bestimmt das Landesrecht. In Preußen
herrschen mannigfache provinzielle Verschiedenheiten, während z. B. in Sachsen und Baden
eine einheitliche Normierung der Feiertage für das ganze Land erfolgt ist (sächs. V. v. 6. 7.
99 § 8; bad. V. v. 11. 11. 99 § 2).
2. Darauf, ob die beteiligten Parteien durch Krankheit, Ausbruch eines
Krieges u. dgl. verhindert waren, am Termin oder innerhalb der Frist die
Willenserklärung abzugeben oder die Leistung zu bewirken, kommt es nicht an.
IV. Alle vorstehend entwickelten Regeln gelten aber nur ergänzend, also
nur, wenn nicht Gesetz, gerichtliche Verfügung oder Rechtsgeschäft ein andres
bestimmt. Und derartige abweichende Bestimmungen kommen sehr oft vor.
Namentlich die zuletzt genannte Regel (III, 2) muß viele Ausnahmen erleiden.
2. Rechtliche Wirkung der Zeit.
a) Verjährung. ½
a) Begriff und Anwendungsgebiet der Verjährung.
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I. Die Verjährung (praescriptio) bedeutet, daß Rechte, wenn sie
eine bestimmte Zeit hindurch nicht ausgeübt werden, an Kraft verlieren.
Damit soll nicht etwa der Berechtigte für die Mißachtung seiner Rechte ge-
straft werden; denn die Verjährung greist selbst dann Platz, wenn jener seine
Säumnis mit den triftigsten Gründen zu rechtfertigen vermag. Vielmehr soll
die Verjährung die Interessen des Verpflichteten schützen. Denn diesem wird
die Verteidigung um so mehr erschwert, je später der Gegner mit seinem an-
geblichen Recht hervortritt: ursprünglich konnte er vielleicht den trügerischen
Beweis, den der Gegner für sein Recht darzubieten in der Lage war, durch
Gegenbeweise (Gegenurkunden, Gegenzeugen, Augenschein) widerlegen oder Ein-
wendungen gegen das Recht vorbringen: jetzt hat die Zeit seine Verteidigungs-
mittel geschwächt oder zerstört. Auch wirkt die Verjährung wirtschaftlich günstig
ein; denn unklare, streitige Rechtsverhältnisse sind für alle Beteiligten vom
1) Heymann, Vorschützen der Verjährung (95); Hölder, Arch. f. BR. 11 S. 217;
Regelsberger, Jahrb. f. Dogm. 41 S. 328; Rosenberg, Verjährung u. gesetzliche Befristung
(04); Weiß, Verjährung u. gesetzl. Befristung (05); Jourdan, prescription d'aprèes le code
civil allemand (06); Rutz, Arch. f. ziv. Pr. 101 S. 435.