Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

320 Buch I. Abschnitt 5. Zeitablauf. 
denen ein Anspruch zwar noch nicht entstanden ist, aber doch durch eine im freien Belieben 
des Berechtigten stehende Handlung jederzeit zur Entstehung gebracht werden kann. Doch 
sprechen überwiegende Gründe dagegen.? — Beispiele. I. A. kann von einem Vertrage 05 
zurücktreten, macht aber von dem Rücktrittsrecht erst 12 Gebrauch. Hier beginnt für die aus 
dem Rücktritt A.s entspringenden Ansprüche die Verjährung nicht schon 05, sondern erst 12. 
II. B. hat 05 eine Sache unter der ausschiebenden Bedingung gekauft, daß sie ihm gefalle; 
erst 12 erklärt er, daß die Bedingung eingetreten sei. Hier beginnt für A.s Anspruch auf 
Lieserung der Sache die Verjährung nicht schon 05, sondern erst 12. 
6) Bei Schadensersatzansprüchen aus Delikten beginnt die lange dreißig- 
jährige Verjährung nicht erst, wenn der Schaden wirklich eingetreten und 
damit der Schadensersatzanspruch zur Entstehung gelangt, sondern sofort, wenn 
das Delikt begangen ist (852 1). 
Beispiel siehe unten S. 322 III. 
2. a) Ist der Anspruch betagt, so genügt es zum Beginn der Verjährung 
nicht, daß der Anspruch entstanden ist, sondern er muß auch fällig ge- 
worden sein. 
b) Ausnahme: wenn die Fälligkeit des Anspruchs von einer Kündigung 
des Berechtigten abhängt, so beginnt die Verjährung schon vor der Füälligkeit 
des Anspruchs mit dem Zeitpunkt, von dem ab die Kündigung zulässig war; 
hat der Verpflichtete die Leistung erst zu bewirken, wenn seit der Kündigung 
eine bestimmte Frist verstrichen ist, so wird der Beginn der Verjährung um 
die Dauer der Frist hinausgeschoben (199). 
Beispiele. A., B., C. und D. haben von E. am 1. Mai 08 je ein Darlehn be- 
kommen; das Darlehn A.## ist am 1. Juli 40 ohne Kündigung, die drei andern Darlehne 
sind erst, wenn E. sie kündigt, rückzahlbar, und zwar das Darlehn B.s sofort nach der Kün- 
digung, das des C. und D. erst drei Monat später; die Kündigung des Darlehns des C. 
ist jederzeit, das des B. und D. ist erst vom 1. April 09 ab zulässig; E. kündigt die drei 
Darlehne des B., C. und D. tatsächlich erst am 1. Juli 40 Hier wird der Anspruch E.s 
auf Rückzahlung der Darlehne gegen A. und B. am 1. Juli, gegen C. und D. am 1. Ok- 
tober 40 fällig. Nach der Regel zu a sollte also auch die Verjährung aller vier Ansprüche 
erst mit diesem Tage beginnen. Doch verbleibt es hierbei nur bei dem Darlehn des A. 
Dagegen beginnt die Verjährung wegen des Darlehns des C. schon am 1. August 08. wegen 
des Darlehns des B. am 1. April 09, wegen des Darlehns des D. am 1. Juli 09. Die 
Folge ist, daß E.s Anspruch gegen B., C. und D. schon verjährt ist, wenn er fällig wird, 
es sei denn, daß die Verjährung nach den Regeln des folgenden Paragraphen irgendwie 
gehemmt oder unterbrochen ist. 
Auffälligerweise hat das BGB. nirgends ausdrücklich bestimmt, daß für einen betagten 
Anspruch die Verjährung erst mit der Fälligkeit beginnt. Der Grund ist wohl der, daß die 
Gesetzesredaktoren bei der Abfassung von BGB. 198 der Meinung waren, daß es Ansprüche, 
die nicht fällig seien, gar nicht gebe, sondern daß jeder Anspruch erst mit der Fälligkeit ent- 
stehe. Bei der Abfassung von BGB. 273 hatten sie aber ihre Meinung geändert; denn 
sonst hätten sie hier nicht ausdrücklich erwähnt, daß ein Anspruch, wegen dessen ein Zurück- 
behaltungsrecht geltend gemacht wird, fällig sein müsse. 
II. 1. Ist ein Anspruch entstanden und, falls er betagt war, fällig ge- 
worden (actio nata), so beginnt für ihn die Verjährung grundsätzlich sofort. 
2) Siehe Langheineken, Anspruch u. Einrede (03) S. 176, 107. 
3) Siehe H. Lehmann, Unterlassungspflicht (O6) S. 70; Langheineken, a. a. O. S. 21.
	        
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