Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 76a. Verschulden und Zufall. 337 
wirte und Verfrachter bereits im römischen Recht aufgestellt, während sie für 
die gewöhnlichen Landfrachtführer erstmalig durch ein der Rezeption folgendes 
Gewohnheitsrecht, für die Eisenbahnen durch das preußische Gesetz vom 3. Nov. 
1838, für die Post durch die neueren Postgesetze eingeführt sind. 
2. a) Aus dem Grundsatz des mittelalterlichen Rechts, daß jedermann 
nicht bloß für sein Verschulden, sondern auch für innere Zufälle einzustehn 
habe, ergab sich von selbst, daß jeder, der durch sein eignes Verhalten ohne zu- 
reichenden Rechtsgrund einen andern schädigte, diesem ersatzpflichtig war, auch 
wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last fiel — und zwar nicht bloß in den 
wenigen Fällen, in denen diese Ersatzpflicht auch nach jetzigem Recht gilt, 
sondern ausnahmslos — und daß ein Schuldner bei der Erfüllung seiner 
Verbindlichkeiten für jedes Verschulden seiner Gehülfen und Vertreter gerade 
so gut wie für sein eignes Verschulden einstand. 
b) Anders seit der Rezeption: 
a) Eine Haftung für eignes schuldloses Verhalten wurde in der vormalig 
gemeinen Praxis angenommen, wenn jemand im Namen eines andern ohne 
Vertretungsmacht ein Rechtsgeschäft vornahm 2“: dieser angebliche Stellvertreter 
sollte nämlich, gerade wie nach jetzigem Recht, der gutgläubigen Gegenpartei 
nach deren Wahl auf Schadenersatz oder Erfüllung haften, auch wenn er sich 
über den Mangel seiner Vertretungsmacht entschuldbar geirrt hatte. Nach 
preußischem Recht konnte der Vertreter dagegen nur haftbar gemacht werden, 
wenn er schuldhaft gehandelt hatte. 
69) Eine Haftung des Schuldners für die Versehn seiner Gehülfen und 
Vertreter galt allgemein nach französischem Recht.? Nach preußischem und 
vormalig gemeinem Recht galt diese Haftung nur beim Werkvertrage zu Lasten 
des Unternehmers. Nach sächsischem Recht galt sie überhaupt nicht.? 
3. Die zahlreichen Arten der Verschuldung sind privatrechtlich erst seit der 
Rezeption voneinander unterschieden worden. Zeitweise fand man an dieser 
Unterscheidung solches Gefallen, daß man der „groben“ und „geringen“ noch 
eine „mäßige“ Fahrlässigkeit (culpa lata, levissima, levis) zur Seite stellte.° 
III. 1. Die Fristberechnung war im bisherigen Recht verschieden. Die 
jetzt geltende Kalenderrechnung fand sich namentlich in der Wechselordnung 
und dem ältern Handelsgesetzbuch, während das preußische Landrecht den Monat 
noch zu 30 Tagen rechnete.“ Eine altertümliche Frist, die noch bis in die 
jüngste Zeit im Lehnrecht galt, war die von Jahr und Tag: sie wurde meist 
gleich einem Jahr sechs Wochen und drei Tagen gesetzt. 32 
26) Regelsberger 1 S. 600. Ebenso älteres HGB. 55 u. sächs. GB. 789. 
27) Pr. LR. I, 13 § 151. 28) C. c. 1384. 
29) Pr. LN. I, 11 §. 930; Windscheid-Kipp § 401,. 
30) Pr. LR. I, 3 §8 18, 20, 22. 
31) Wechselordn. 32; älteres HGB. 328; pr. LR. I, 9 § 550. 
32) Stobbe 1 § 68 I, 2. 
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. I. 22
	        
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