Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

342 Buch I. Abschnitt 6. Rechtsausübung. 
verbots sich die dritte Schikane As zu verbitten und die Entfernung der Mauer zu fordern; 
denn der Bau der Mauer „kann“ nach Lage des Falls lediglich eine Schädigung B.s be- 
zweckt haben. II. C. will dem Nachbar D. ein Stück Garten abkaufen, wird aber mit D. 
nicht über den Preis einig; nun bläst er immer dann, wenn D. den ihm sehr nötigen 
Nachmittagschlaf hält. Trompete, um ihn mürbe zu machen. Hierwider kann D. mit dem 
Schikaneverbot nichts ausrichten; denn C will ja mit seinem Trompeten nicht bloß den D. 
schädigen, sondern zugleich sich selber nützen! 
2. Außerdem ist es dem Berechtigten verboten, sein Recht zu einem Delikt 
zu mißbrauchen (s. 826). 
Beispiele s. unten § 163 III. 
III. Regelmäßig kann der Berechtigte sein Recht durch einen Vertreter 
ausüben. Doch kommen auch hier Ausnahmen vor. 
Beispiele. Bei einem Kauf und einer Eheschließung, die wegen Irrtums anfechtbar 
sind, kann das Anfechtungsrecht in Ansehung des Kaufs auch von einem Vertreter des 
Berechtigten, in Ansehung der Eheschließung kann es, wenn der Berechtigte geschäftsfähig 
ist, nur von ihm persönlich ausgeübt werden (1336). 
IV. Häufig haben mehrere Personen nebeneinander Rechte, die, wenn sie 
tatsächlich ausgeübt werden, sich gegenseitig widerstreiten. Dann kann eines 
dieser Rechte den Vorrang haben, und die andern müssen ihm weichen (879). 
Oder die mehreren Rechte sind gleich stark; dann müssen die Berechtigten ihre 
Rechte gemeinsam ausüben (513) oder jeder ist nur zur teilweisen Ausübung 
seines Rechts befugt (659 II Satz 1) oder es wird einem der Rechte nach- 
träglich der Vorzug zugestanden, sei es dem, das der Verpflichtete bevorzugt 
(428), sei es dem, das durch das Los bestimmt ist (659 II Satz 2). 
V. 1. Nicht selten kommt es vor, daß ein Berechtigter von seinem 
Schuldner eine Sicherstellung seines Rechts fordern kann, sei es kraft Gesetzes 
(648, 843 3, 1391, 1051 usw.), sei es auf Grund einer vertragsmäßigen Zu- 
sage seines Schuldners, sei es aus einem andern Grunde. Ist dies der Fall, 
so kann der Schuldner die Sicherheit, falls das Gesetz oder der Vertrag nichts 
andres bestimmt, nach eigner Wahl bestellen, jedoch nur durch Hinterlegung 
von Geld oder Wertpapieren oder durch Verpfändung inländischer Grundstücke, 
beweglicher Sachen oder gewisser besonders sicherer Forderungen; kann die 
Sicherheit nicht in dieser Weise geleistet werden, so ist auch die Stellung eines 
selbstschuldnerisch haftenden tauglichen Bürgen zulässig (232). Wird die 
Sicherheit ohne Verschulden des Berechtigten unzureichend, so ist sie zu er- 
gänzen oder anderweitige Sicherheit zu leisten (240). 
Beispiele. I. Ein Recht, kraft Gesetzes Sicherheitsleistung zu fordern, steht der Ehe- 
frau gegen ihren Mann zu, wenn durch dessen Verhalten „die Besorgnis begründet wird, 
daß die Rechte der Frau in einer das eingebrachte Gut erheblich gefährdenden Weise verletzt 
werden“ (1391). II. Ein Recht kraft vertragsmäßiger Zusage des Schuldners Sicherheits- 
leistung zu fordern, steht einem Darlehnsgläubiger gegenüber seinem Darlehnsschuldner zu, 
wenn dieser sich bei Abschluß des Darlehnsvertrages oder später verpflichtet hat, das Darlehn 
binnen vier Wochen sicherzustellen. 
3) RG. 60 S. 417.
	        
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