Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

356 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen. 
1. Die Leistung besteht der Regel nach in einer positiven Handlung. Sie 
kann aber auch eine bloße Unterlassung sein (241).5 
2. Die Leistung muß, da sie ja Gegenstand eines Vermögensrechts des 
Gläubigers ist, wirtschaftlicher Natur sein. Dagegen ist es nicht erforderlich, 
daß ihr auf seiten des Gläubigers ein wirtschaftliches Interesse entspricht.“ 
Denn der Gläubiger ist wohl befugt, sein Vermögen auch in unwirtschaftlicher 
Weise zu verwenden. Warum soll er also nicht für sein Vermögen eine 
Forderung erwerben können, die von vornherein keinen wirtschaftlichen Wert 
für ihn hat? 
Beispiele. I. A. kann sich von seinem Bruder B. nicht rechtsgültig versprechen lassen, 
daß dieser nicht raucht oder keine Karten spielt oder täglich zwei Stunden spazieren geht 
oder seine Tochter Schauspielerin werden läßt.“ II. Wohl aber kann C. mit D. rechtsver- 
bindlich vereinbaren, daß dieser seinen Park unentgeltlich dem Publikum öffne oder daß er 
sein altertümliches Haus unverändert erhalte oder daß er 1000 Mark für die Armen gebe. 
III. 1. Manche Forderungen sind in eigentümlicher Art unvollkommen, 
namentlich wenn sie, wie die verjährten Forderungen, mit einer Einrede be- 
haftet sind. Doch darf man diese unvollkommenen Forderungen nicht etwa 
als sog. Naturalobligationen zu einer einheitlichen Gruppe von Rechten 
erheben. Denn sie sind voneinander zu verschieden, als daß sich irgendein ge- 
meinsamer Rechtssatz für sie aufstellen ließe. 
2. Noch bedenklicher wäre es, wenn man die Gruppe der Naturalobli- 
gationen auch auf Ansprüche ausdehnte, die lediglich auf Geboten der Sittllich- 
keit beruhn, dagegen nicht den Charakter von Rechtsansprüchen tragen. Freilich 
werden solche rein sittlichen Ansprüche von der Rechtsordnung keineswegs 
ignoriert (s. 814, 534 usw.), und sie sind also auch juristisch von allergrößter 
Bedeutung. Das ändert aber an der Tatsache nichts, daß sie keine Forde- 
rungen und also auch keine unvollkommenen Forderungen sind. Es ist mithin 
nur irreführend, wenn man sie etwa mit den verjährten Forderungen in eine 
Klasse zusammenstellt." 
— 
5) H. Lehmann, Unterlassungspflicht (06); Eltzbacher, Unterlassungsklage (06); Wendt, 
Arch. f. ziv. Pr. 92 S. 5. 
6) Crome 2 S. 18, Landsberg S. 301; abw. Endemann 1 § 109, Ortmann zu § 241. 
7) Abw. die 4. Aufl. dieses Buchs 1 S. 302. 
8) So Klingmüller, Lehre von den natürl. Verbindlichkeiten (O5) S. 231; s. auch 
Ortmann, allg. österr. Gerichtsztg. (02) S. 199 und dens. in s. Kommentar zu Buch II 
des BGB.3 S. 6.
	        
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