8 80. Naturalobligationen. 8 81. Vertragsmäßige Begründung von Forderungen. 357
I. Begründung der Forderungen.
1. Die verschiedenen Zegründungsarten.
8 8I.
I. In der großen Mehrzahl der Fälle werden die Forderungen durch ein
Rechtsgeschäft begründet.
1. Leitender Grundsatz ist, daß das Rechtsgeschäft, dem eine Forderung
für einen bestimmten Gläubiger gegen einen bestimmten Schuldner entspringen
soll, ein Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner sein muß (305).
Weder kann also der Gläubiger durch ein einseitiges von ihm allein vorge—
nommenes Rechtsgeschäft eine Forderung zu seinen Gunsten, noch kann der
Schuldner durch ein einseitiges von ihm allein vorgenommenes Rechtsgeschäft
eine Forderung zu seinen Lasten ins Leben rufen.
Beispiele. I. A. geht in die Wirtschaft des B. und bestellt sich bei verschiedenen
Kellnern der Reihe nach etwas zum Essen; die Kellner ignorieren aber seine Bestellung,
weil bekannt ist, daß A. nie ein Trinkgeld gibt, und B. billigt das Verhalten der Kellner;
nun will A. gegen B. im Rechtswege vorgehn. Hier ist A. im Unrecht. Denn seine ein-
seitige Bestellung als solche war für B. nicht verpflichtend. Zu einem Vertrage ist sie aber
nicht erwachsen; denn weder B. selbst noch seine Leute haben die Bestellung angenommen.
II. Der Fabrikant C. hat bei einem Streik in seiner Fabrik einer Arbeiterdeputation
erklärt: „Hiermit erhöhe ich endgültig und unwiderruflich für alle meine Arbeiter von heut
ab den Lohn um 10%“; darauf erwidert die Deputation, sie hätte keine Vollmacht, sich
über die Lohnerhöhung zu äußern, werde sie aber zur Kenntnis der Arbeiter bringen; gleich
nachdem letzteres geschehn, erscheint der Arbeiter D. bei C. und verlangt von C.
eine Lohnerhöhung von 20%; C. antwortet aber: „nun bekommen gerade Sie auch die
10 % nicht“; D. läßt darauf den Anspruch auf die 20 % sofort sallen, fordert jedoch um so
entschiedener die 10%%, weil C. sie nun einmal „endgültig und unwiderruflich“ versprochen
habe. Hier ist D. im Unrecht. Denn C.8 einseitige Zusage war als solche für ihn nicht
verpflichtend. Zu einem Vertrage ist sie aber nicht erwachsen; denn D. hat ja selber dadurch,
daß er den Gegenantrag auf eine Lohnerhöhung um 20 0/ stellte, den Vertragsantrag C.s,
soweit er ihn, den D., anging, entkräftet (150 11).
2. Doch erleidet der Grundsatz zu 1 manche Ausnahmen.
a) Es gibt Fälle, in denen eine Forderung durch einseitiges Rechtsgeschäft
des Gläubigers, also ohne vertragsmäßige Mitwirkung des Schuldners, be-
gründet wird.
b) Es gibt Fälle, in denen eine Forderung durch einseitiges Rechts-
geschäft des Schuldners oder durch einen Vertrag, den der Schuldner mit
einem Dritten abschließt, also ohne vertragsmäßige Mitwirkung des Gläubigers,
begründet wird.
c) Es gibt Fälle, in denen eine Forderung durch einseitiges Rechts-
geschäft eines Dritten, also ohne vertragsmäßige Mitwirkung sowohl des
Schuldners wie des Gläubigers, begründet wird.
Beispiele. I. A. hat dem B. 1000 Mk. geschenkt; B. macht sich darauf eines groben
Undanks gegen A. schuldig; nunmehr widerruft A. die Schenkung. Hier hat A. zu seinen