360 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen.
Oder sie ist derart verbindlich, daß sie, wenn die Parteien sich über die offen
gelassenen Punkte nicht einigen, sofort einen fertigen Vertrag darstellt, mithin
eine Ergänzung durch einen künftigen Vertrag nicht absolut nötig hat; dann
ist sie stärker als ein Vorvertrag.
Beispiel. A. verspricht dem B. eine Stelle als Buchhalter in seinem Geschäft vom
1. April ab. I. Die Bedingungen sollen durch beiderseitige Vereinbarung festgestellt werden.
II. Die Bedingungen sollen in gleicher Art wie bei den übrigen Buchhaltern durch schrift-
lichen Vertrag festgestellt werden. III. Die näheren Bedingungen sind die gleichen wie bei
den übrigen Buchhaltern; ob B. Prokura erhalten wird, soll noch durch beiderseitige Verein-
barung festgestellt werden. Zu I: unverbindliche Punktation. Zu II: Vorvertrag. Zu III:
verbindliche Punktation.
II. Inhalt der Forderungen.
1. Zestimmung des Inhalts der Forderungen im allgemeinen.
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I. Bei rechtsgeschäftlichen Forderungen erfolgt die Bestimmung des In-
halts durch das Rechtsgeschäft selbst. Bereits oben ist festgestellt, daß ein
Rechtsgeschäft, das hierzu ungeeignet ist, weil es über einen wesentlichen Punkt
keine Bestimmung enthält, der Nichtigkeit verfällt (s. oben S. 231).
II. Das Rechtsgeschäft kann aber seine Bestimmungen auch bloß mittel-
bar treffen, d. h. es kann sie von irgendeinem äußern Ereignis abhängig
machen. Damit wird es zu einem bloßen Blankett, das erst durch das
entscheidende Ereignis ausgefüllt wird. Doch muß das Rechtsgeschäft seinen
zukünftigen Inhalt wenigstens soweit bestimmen, daß der Schuldner seine der-
einstige Pflicht zu übersehn und abzuschätzen vermag; denn andernfalls würde
der Schuldner, indem er auf das Geschäft einginge, seine Freiheit in unsitt-
licher Weise preisgeben.
Beispiel. Ungültig wäre es, wenn A. dem B. ein Darlehn in jeder beliebigen von B.
willkürlich zu bestimmenden Höhe zusagte oder wenn C. dem D. verspräche, ihm alle Waren,
die C.S Konkurrenten führen werden, 10 % billiger zu liefern als diese.
III. Am häufigsten kommt ein Blankettrechtsgeschäft in der Art vor, daß
die Lücken, die es läßt, durch eine einseitige Entscheidung einer der Parteien
ausgefüllt werden soll.?
1. Erster Fall: das Rechtsgeschäft legt einer Partei die Verpflichtung zu
einer von mehreren einzeln aufgezählten Leistungen ob (sog. Alternativ-
obligation); auf welche dieser Leistungen die Verpflichtung sich später end-
gültig richten soll, hat entweder der Schuldner oder der Gläubiger zu ent-
scheiden.
1) Regelsberger, Jahrb. f. Dogm. 48 S. 453; Höniger, Vorstudien zum Problem der
gemischten Verträge, Freib. Diss. (06).
2) F. Leonhard, Jahrb. f. Dogm. 41 S. 1; Litten, Wahlschuld (03); Pescatore, Wahl-
schuldverhältnisse (05); Recke, Arch. f. BR. 20 S. 137.