362 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen.
butt zu liefern. Hier muß, wenn D. seine Wahl nicht aus eignem Antriebe rechtzeitig trifft,
C. den D. zunächst zur Abgabe einer Wahlerklärung unter Bestimmung einer angemessenen
Frist auffordern;s läßt D. auch diese Frist verstreichen, so ist C. nicht etwa völlig frei, sondern
muß jetzt Forellen oder Steinbutt nach eigner Wahl liefern.
Hat bei gegenseitigen Verträgen eine Partei ein Wahlrecht sowohl als Gläubiger wie
als Schuldner, so kann, wenn sie die Wahl verzögert, die Gegenpartei sowohl nach der Regel
zu c wie nach der zu §# verfahren. Beispiel: A. hat von B. alternativ nach eigner Wahl
die Sache m zum Preise X oder die Sache n zum Preise F gekauft; hier kann B. alternativ
gegen A. auf 1 oder F unter Angebot von m oder u klagen und in der Zwangsvollstreckung
X unter Angebot von m beitreiben; er kann aber auch den A. unter Fristsetzung auffordern,
seine Wahl zu treffen und nach dem Fristablauf allein auf X unter Angebot von m klagen.
über den Fall, daß der Schuldner dem wahlberechtigten Gläubiger eine unangemessene
Frist setzt, siehe unten § 123 III, 2c.
d) Hat der Berechtigte gewählt, so gilt die gewählte Leistung als die von
Anfang an allein geschuldete (263 II) und ist demgemäß die Forderung des
Gläubigers nunmehr mit rückwirkender Kraft auf diese Leistung „konzen-
triert“: aus der Alternativobligation ist eine Obligation ohne Alternative ge-
worden. Eine Konzentration der Forderung findet aber auch dann statt, wenn
eine der geschuldeten Leistungen von vornherein unmöglich ist oder nachträglich
unmöglich wird (265): die Forderung ist jetzt eben nur auf die übrige allein
mögliche Leistung gerichtet; nur sie darf der wahlberechtigte Schuldner an-
bieten; nur sie darf der wahlberechtigte Gläubiger fordern. Doch gilt eine
Ausnahme für den Fall, daß die nachträgliche Unmöglichkeit durch einen Um-
stand verursacht ist, den der Gegner des Wahlberechtigten zu vertreten hat.
Alsdann kann nämlich der Wahlberechtigte seine Wahl gerade auf die unmög-
lich gewordene Leistung richten; das will besagen: wenn der Schuldner wahl-
berechtigt ist, ist er frei; wenn der Glänbiger wahlberechtigt ist, muß der
Schuldner statt der Leistung Schadensersatz zahlen.
Beispiele. Laut Vermächtnis des A. muß dessen Erbe B. dem C. alternativ eins der
beiden Pferde A.3 unentgeltlich übereignen; das eine Pferd, ein Rappe, ist 3000, das andre,
ein Schimmel, ist 1000 Mk. wert; bevor der Wahlberechtigte seine Wahl getroffen, geht eins
der Tiere an Rotz zugrunde. I. Erster Fall: das Eingehn des Tiers ist weder von B.
noch von C. zu vertreten. Hier erlischt das Wahlrecht des B. oder des C., ohne daß es
einen Unterschied macht, wer von beiden wahlberechtigt war. B. darf und muß also dem
C. allein das gesund gebliebene Tier liefern, sei es der Rappe, sei es der Schimmel. II.
Zweiter Fall: das Eingehn des Tiers ist von dem Wahlberechtigten zu vertreten. 1. Wahl-
berechtigt war B. Hier ist die Entscheidung dieselbe wie zu I. 2. Wahlberechtigt war C.
Hier ist die Entscheidung ebenfalls dieselbe wie zu L. Nur kann B. in diesem Fall Schadens-
ersatz für das eingegangene Tier sordern. Und C. kann sich von der Ersatzpflicht nicht etwa
dadurch befreien, daß er seine Wahl nachträglich gerade auf das eingegangene Tier lenkt
und, da dessen Lieferung unmöglich geworden, auf eine Lieferung überhaupt verzichtet; denn
er hat ja das Wahlrecht durch den Tod dieses Tiers endgültig verloren.“ III. Dritter Fall:
das Eingehn des Tiers ist von dem Gegner des Wahlberechtigten zu vertreten. 1. Wahl-
berechtigt war B. Hier behält B. sein Wahlrecht. Er kann also seine Wahl auf das ein-
gegangene Tier richten und ist dann frei von jeder Lieferungspflicht; er kann aber auch die
3) Hierüber s. einerseits Litten S. 188, andrerseits Ortmann Anm. 3 zu § 264.
4) Siehe hierzu Ortmann Anm. 4 zu § 246.