8 84. Wahlobligationen. Bestimmungsrecht Dritter. 367
säumt erklärt. Gerät sie mit ihrer Entscheidung in Verzug, so büßt sie das
Entscheidungsrecht endgültig ein. Das Entscheidungsrecht geht aber nicht auf
den Gegner über. Vielmehr ist, wenn es zum Prozeß kommt, die Entscheidung
durch das Gericht zu treffen, falls die entscheidungsberechtigte Partei nach
billigem Ermessen wählen sollte (315 III am Ende). Durfte sie dagegen
nach Willkür wählen, so ist der Vertrag nunmehr unwirksam; denn das will-
kürliche Wahlrecht ist höchstpersönlich und kann deshalb auf das Gericht nicht
übertragen werden.?
d) Ist die Entscheidung gefällt, so ist das Rechtsgeschäft nunmehr in dem
entschiedenen Sinn bestimmt. Recht und Pflicht der Parteien bestehn fortab
nur in der Art, wie die Entscheidung angegeben.
e) Die Entscheidung erfolgt, wie bei der Alternativobligation, durch eine
einseitige, formlose, empfangsbedürftige, rechtsgeschäftliche Erklärung der ent-
scheidungsberechtigten Partei (s. 315 11).
1) Die Entscheidung ist, wie bei der Alternativobligation, unwiderruflich.
Beispiel. In dem oben zu a genannten Fall hat der Gastwirt B. den Zimmerpreis
um 10 % zu niedrig bestimmt; als A. ihn trotzdem als zu hoch bemängelt, macht B. nun-
mehr einen Aufschlag von 10%. Hier ist B. im Unrecht: bei der Entscheidung, die er ein-
mal getroffen, muß er bleiben.
IV. Nicht selten kommen auch Verträge vor, deren Inhalt durch die Ent-
scheidung nicht einer Partei, sondern eines Dritten bestimmt werden soll. Als-
dann fragt das Gesetz nicht danach, ob der Dritte bloß zwischen einigen im
Vertrage bezeichneten Möglichkeiten die Auswahl hat oder ob er frei ent-
scheiden darf, sondern stellt allgemein folgende Regeln auf.
1. Wer der zur Entscheidung berufene Dritte sein soll, ist dem Rechts-
geschäft selbst zu entnehmen.
2. a) Der Dritte soll seine Entscheidung entweder nach billigem Ermessen
treffen, oder er kann nach Gutdünken und sogar offenbar partelisch entscheiden.
Im Zweifel ist das erstere anzunehmen (317 1).
b) Soll der Dritte nach billigem Ermessen entscheiden, so hat jede Partei
das Recht, die Entscheidung, wenn sie unbillig ist, als unverbindlich zu ver-
werfen. Dann gelten die gleichen Regeln wie in dem oben zu III, 3 be-
sprochenen Fall; das Entscheidungsrecht geht also, wenn es zum Prozeß
kommt, auf das Gericht über. Nur ein praktisch wichtiger Unterschied waltet
ob: dafür, daß die Entscheidung des Dritten der Billigkeit entspreche, streitet
die Vermutung; nicht der Dritte selber, der ja ohnehin nicht Prozeßpartei ist,
oder die Partei, die mit seiner Entscheidung zufrieden ist, muß die Billigkeit,
sondern die unzufriedene Partei muß die Unbilligkeit der Entscheidung nach-
weisen (319 1).
So auch dann, wenn der Dritte offenbar befangen ist; Beispiel: bei einem Vertrage
zwischen einer Handelsfrau und deren Kunden soll der Ehemann der Handelssrau die näheren
9) Planck, Anm. 5 zu § 315.