Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

368 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen. 
Bestimmungen treffen. Warum hat sich die Gegenpartei das Bestimmungsrecht dieses partei- 
ischen Dritten gefallen lassen? 
3. Der Dritte darf seine Entscheidung nicht verzögern; tut er es doch, 
so geht, wenn er nach billigem Ermessen zu urteilen hatte, das Entscheidungs- 
recht auf das Gericht über; hatte er dagegen nach Willkür zu urteilen, so 
wird der Vertrag nunmehr ganz unwirksam. Das gleiche gilt, wenn der 
Dritte sich weigert, eine Entscheidung abzugeben oder wenn er dazu außer- 
stande ist (319). 
4. Ist die Entscheidung gefällt, so ist das Rechtsgeschäft nunmehr in dem 
entschiedenen Sinn bestimmt: Recht und Pflicht der Parteien bestehn fortab 
nur in der Art, wie die Entscheidung angegeben. 
5. Die Entscheidung erfolgt, wie bei der Alternativobligation, durch eine 
einseitige, formlose, empfangsbedürftige, rechtsgeschäftliche Erklärung des Dritten. 
Die Erklärung braucht nur gegenüber einer der Parteien abgegeben zu werden 
(s. 318 D. 
6. Die Entscheidung ist, wie bei der Alternativobligation, unwiderruflich. 
Beispiel. A. soll bei einem zwischen B. und C. abgeschlossenen Kaufvertrage die Höhe 
des Kaufpreises bestimmen; er gibt seine Bestimmung in einem an den Käufer C. gerichteten 
Brief ab; sofort reklamiert C., und A. fällt nunmehr in einem an B. gerichteten Brief eine 
abweichende Entscheidung, ohne in dem Brief der ersten Entscheidung zu gedenken; erst 
nachträglich erfährt B. den Vorgang. Hier ist für beide Parteien nur die erste Entscheidung 
verbindlich. 
Die Entscheidung des Dritten unterliegt den allgemeinen Regeln von den Rechts- 
geschäften. Nur eine Besonderheit gilt: ist die Entscheidung irrtümlich abgegeben, arglistig 
erschlichen oder erzwungen, so kann der Dritte selbst sie nicht ansechten; wohl aber ist jede 
Vertragspartei dazu befugt. Die Anfechtung muß unverzüglich erfolgen, nachdem die Par- 
tei von dem Anfechtungsgrunde Kenntnis erlangt hat, längstens aber 30 Jahre nach Ab- 
gabe der Entscheidung; es sind also die allgemeinen Regeln von der Anfechtung wegen 
Irrtums auf die Anfechtung wegen Täuschung und Zwanges ausgedehnt (318 II). 
V. Schließlich kommt es vor, daß der Inhalt eines Vertrages durch die 
Entscheidung einer Mehrheit von Dritten bestimmt werden soll. Dann ist im 
Zweifel anzunehmen, daß nur eine einstimmig getroffene Entscheidung gültig 
sein soll; läßt sich eine einstimmige Entscheidung nicht erreichen, so gelten die 
gleichen Regeln, wie wenn eine einzelne zur Entscheidung berufene Person ihr 
Urteil verzögert. Nur, wenn es sich um die Feststellung einer Summe handelt, 
schadet es nichts, wenn die Urteiler verschiedener Meinung sind; vielmehr gilt 
als festgestellt die Durchschnittssumme (317 I. 
VI. Läßt das Rechtsgeschäft über den Inhalt der Forderung einen Zweifel, 
der nicht durch die Entscheidung einer Partei oder eines Dritten gehoben 
werden soll, so ist — abgesehn von den sonstigen Auslegungsvorschriften — 
folgende allgemeine Regel zur Anwendung zu bringen: der Schuldner muß 
die ihm obliegende Leistung so bewirken, wie Treu und Glauben mit Rück- 
sicht auf die Verkehrssitte es erfordern (242). Die Regel wendet sich gegen 
den Gläubiger: dieser darf keine Forderung stellen, die Treu und Glauben
	        
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