§ 87. Verträge auf Grundstücksübereignung. 377
zu bejahen. Dennoch muß ich mich, vorausgesetzt, daß das verkaufte Grundstück dem Käufer
bereits übereignet ist, für die Bejahung aussprechen. Denn sie wird durch den Wortlaut
des Gesetzes geboten und hat insofern einigen Sinn, als sie den Käufer bei der Wahl zwischen
Wandlung und Preisminderung vor Ubereilung behütet.
3. Die Heilung der Ungültigkeit des formlos abgeschlossenen Vertrages
durch Auflassung und Eintragung im Grundbuch betrifft auch alle formlos
getroffenen Nebenabreden? und zwar selbst dann, wenn der Vertrag im übrigen
formgerecht abgeschlossen ist und die Parteien bei der Auflassung an jene
Nebenabrede nicht gedacht haben. Dagegen erstreckt sich die Heilung auf solche
Haupt= oder Nebenabreden nicht, die eine der Parteien vor der Auflassung
rechtsgeschäftlich widerrufen hat.
Sind mehrere Grundstücke durch einheitlichen Vertrag verkauft, so heilt eine Auflassung
und Eintragung, die sich nur auf eins der Grundstücke bezieht, die Ungültigkeit des Ver-
trages höchstens (1391) in Ansehung dieses Grundstücks. Sollen mehrere Grundstücke gegen-
einander ausgetauscht werden, so tritt Heilung nur ein, wenn die Auflassung und Ein-
tragung sich auf beide Grundstücke bezieht.?
4. Landesgesetzlich ist die Beurkundung der auf eine Grundstücksveräußerung
gerichteten Verträge mit Ausnahme der Grundstücksschenkungen zum Teil auch
auf andre Beamte oder Behörden als Gericht oder Notar übertragen worden
(EG. 142). So ist vor allem in Preußen bestimmt, daß, wenn eine der Ver-
tragsparteien durch eine öffentliche Behörde vertreten wird, der Vertrag von
jedem beliebigen Beamten beurkundet werden kann, den jene Behörde damit be-
auftragt (preuß. AusfGes. 12 § 2). Ahnliche Bestimmungen finden sich in
Elsaß-Lothringen, Hamburg usw. (FMG. Elsaß-Lothr. 45, Hamburg 11).
Diese Bestimmung ist praktisch äußerst wichtig, namentlich für die massenhaften Grund-
stücksveräußerungen gelegentlich der Neuanlage oder Verbreiterung von Straßen, bei denen
die Ortsgemeinde als Erwerber oder Veräußerer auftritt: hier können die Parteien sich jedes-
mal den Gang zu Gericht oder Notar sparen, weil jeder Subalternbeamte der Gemeinde kraft
Auftrages die Beurkundung vornehmen darf. Mißlich ist freilich, daß diese Beamten oft
wenig Verständnis für den schwerfälligen Beurkundungsformalismus haben und daß deshalb
die von ihnen beurkundeten Verträge überaus häufig wegen Formfehler nichtig sein werden.
Und schlimmer noch: der ganze Formzwang für Grundstücksveräußerungen ist doch eingeführt,
um bei der Fortgabe von Grundstücken Übereilungen zu vermeiden; gerade bei dem Land-
erwerbe und den Landveräußerungen der Ortsgemeinden sind aber übereilte Entschlüsse der
Gegenparteien besonders häufig, und die Kommunalbeamten benutzen dann ihr Beurkundungs-
privileg gern dazu, die Gegenpartei auf der Stelle an einen derartigen Entschluß für immer
zu binden.
In Württemberg können alle auf Grundstücksveräußerung abzielenden Verträge außer
den Grundstücksschenkungen auch von den Grundbuchbeamten und Ratsschreibern beur-
kundet werden; ähnliches gilt in Mecklenburg (wüttemb. AusfGes. 33, 35; meecckl.-schw.
AusfGes. 36.) Siehe ferner für Hessen-Nassau F. Preuß. 122, 123, 112; preuß. V. v.
20. 12. 99; preuß. AusfGes. 12 § 3 usw.
7) Siehe R. 57 S. 166.
8) Ortmann, Anm. 7 b a zu g 313.
9) RG. 56 S. 386; Gierke S. 451; abw. Rehbein 2 S. 163.