Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

380 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen. 
b) Doch darf man den Zusammenhang von Kapital= und Zinsanspruch 
nicht übertreiben. Denn beide Ansprüche können voneinander getrennt werden, 
namentlich wenn der Gläubiger den Kapitalanspruch einem Dritten abtritt, 
während er den Zinsanspruch zurückbehält, und umgekehrt. Ferner geht, wenn 
die Kapitalforderung bezahlt wird, der Zinsanspruch nur für die Folgezeit, also 
für die vom Zahlungstage ab laufenden Zinsen, unter; dagegen bleibt der An- 
spruch auf rückständige Zinsen erhalten, selbst dann, wenn der Gläubiger über 
das Kapital ohne Vorbehalt quittiert hat. 
2. à) Ausnahmsweise hat der Gläubiger eine Forderung nur auf die 
Zinsen, nicht auf das Kapital. Das ist namentlich bei den vom Gläubiger 
unkündbaren Staatsanleihen der Fall: hier hat der Gläubiger ein Recht auf 
Rückzahlung des von ihm geopferten Kapitals nicht, muß also darauf gefaßt 
sein, den Genuß des Kapitals für immer zu entbehren; ebendeshalb gibt ihm 
aber der Schuldner dafür eine Vergütung in Gestalt von Zinsen. 
b) Eine Zinsforderung, der eine Kapitalforderung nicht zur Seite steht, 
ist selbständiger Art. Doch gilt die Regel, daß, wenn der Schuldner freiwillig 
dem Gläubiger das Kapital ausbezahlt, von nun ab der Zinsenlauf aufhört, 
auch hier. Denn der Grund dieser Regel ist nicht, daß die Zinsforderung 
von einer Kapitalforderung abhängig ist, sondern daß der Zinsgläubiger von 
dem Zeitpunkt ab, da er die Nutzung des Kapitals nicht mehr entbehrt, auch 
nicht mehr eine Vergütung für die Entbehrung beanspruchen kann. 
III. Wir unterscheiden rechtsgeschäftliche und gesetzliche Zinsen. 
Zu den letzteren gehören vor allem die Verzugs= und Prozeßzinsen (288, 291; 
siehe auch 256, 452 usw.). 
1. Bei rechtsgeschäftlichen Zinsen wird der Zinsfuß in erster Reihe durch 
das Rechtsgeschäft selbst bestimmt. Doch greifen hier, abgesehn von dem 
allgemeinen Wucherverbot (s. oben S. 246), folgende einschränkende Regeln Platz. 
a) Jeder Schuldner, der laut Vereinbarung mehr als 6 Zinsen zahlen 
muß, kann sich von der Zinslast dadurch befreien, daß er seine Kapitalschuld 
nach Ablauf des ersten Halbjahrs mit sechsmonatiger Frist aufkündigt und 
berichtigt. Eine Beschränkung dieses Rechts oder ein Verzicht darauf kann 
nicht gültig vereinbart werden. Ausgeschlossen ist das Recht bei Schulden, die 
durch Inhaberpapiere verbrieft sind (247). 
b) Gewerbliche Pfandleiher und Rückkaufhändler dürfen in Preußen an 
monatlichen Zinsen nicht mehr als zwei Pfennig auf jede Mark von Darlehns- 
beträgen bis zu 30 Mark und nicht mehr als einen Pfennig auf jede den Be- 
trag von 30 Mark übersteigende Mark nehmen (EG. 94; preuß. Ges. v. 
17. März 81). 
2. Bei gesetzlichen und in Ermanglung einer abweichenden rechtsgeschäft- 
lichen Bestimmung auch bei rechtsgeschäftlichen Zinsen beträgt der Zinsfuß 4% 
(240). 
IV. 1. Eine Verpflichtung zur Zahlung von Zinseszinsen kann nicht ver-
	        
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