392 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen.
Recht auf die Strafe ist dagegen nur ein Nebenanspruch, der bloß dazu bestimmt
ist, den Hauptanspruch nach Möglichkeit zu sichern. Dem entsprechen folgende
Regeln: 1. ist der Hauptanspruch verjährt, so ist auch der Strafanspruch
verjährt; 2. ist der Hauptanspruch nicht erzwingbar, so ist auch der Straf-
anspruch ungültig (224, 344).
Beispiele. I. A. verspricht der B. die Ehe und verpflichtet sich für den Fall, daß er
dies Gelöbnis nicht erfüllt, zu einer Strafe von 1000 Mk. II. C. hat dem D. privatschrift-
lich ein Haus verkauft und die Auflassung binnen 14 Tagen bei Vermeidung einer Ver-
tragsstrase von 1000 Mk. versprochen. In beiden Fällen ist die Strasabrede ungültig.=
b) Ist die Strafe für den Fall versprochen, daß der Hauptanspruch des
Gläubigers gar nicht befriedigt wird, so kann der Gläubiger den Hauptanspruch
und den Strafanspruch nicht zusammen geltend machen, sondern nur den einen
oder den andern. Und zwar steht die Entscheidung darüber, welcher der beiden
Ansprüche zur Ausübung kommt, dem Gläubiger zu. Der Schuldner ist also
keineswegs befugt, sich von der Hauptleistung dadurch zu befreien, daß er dem
Gläubiger Zahlung der Strafe anbietet, sondern der Gläubiger kann die
Strafe zurückweisen und bei der Hauptleistung beharren. Entscheidet sich der
Gläubiger für die Strafe, so hat er damit den Hauptanspruch endgültig ver-
loren (340 1). Umgekehrt: entscheidet sich der Gläubiger für die Hauptleistung,
so verliert er den Strafanspruch nicht, sondern kann die getroffene Entscheidung
ändern und schließlich doch die Strafe einfordern. Endlich: entscheidet er sich
gar nicht, so kann der Schuldner ihm die Hauptleistung anbieten und ihn dadurch
zu einer sofortigen Entscheidung nötigen. Ob die Strafe auch dann verfallen
ist, wenn der Schuldner die Hauptleistung teilweise bewirkt, teilweise nicht be-
wirkt hat, läßt sich nur im Einzelfall bestimmen.
) Wenn die Strafe für den Fall versprochen ist, daß der Schuldner seine
Hauptverbindlichkeit zu spät oder in unrichtiger Art erfüllt, kann der Gläubiger
den Haupt= und den Strafanspruch zusammen geltend machen. Jedoch muß
er, wenn er die Hauptleistung so, wie der Schuldner sie geboten, annimmt,
sich die Strafe besonders vorbehalten; andernfalls ist der Strafanspruch erloschen
(341 I, III).
d) Die Strafe ist verfallen, wenn der Schuldner mit der Hauptleistung
in Verzug gerät; und zwar muß der Gläubiger den Umfang und die Fälligkeit
der Hauptleistung nachweisen; dagegen ist es Sache des Schuldners darzutun,
daß er nicht im Verzuge sei, vielmehr die Hauptleistung gehörig bewirkt habe
oder durch einen Umstand, der ihm nicht zur Last falle, daran behindert sei
(339, 345, 285). Anders, wenn die Hauptleistung eine Unterlassung war:
hier ist die Strafe verfallen, sobald der Schuldner seine Pflicht tatsächlich ver-
letzt, d. h. die zu unterlassende Handlung tatsächlich vornimmt, mag auch ein
eigentlicher Verzug auf seiner Seite nicht vorliegen; der Schuldner bleibt also
2) RG. 53 S. 238.
3) RG. 53 S. 358 57 S. 340; 59 S. 378; 61 S. 66.