Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 97. Leibrente. § 98. Leistung zugunsten Dritter. 397 
n) Leistungen zugunsten eines Dritten. 1- 
§ 98. 
I. 1. Nicht selten wird ein Vertrag in der Art geschlossen, daß sich eine 
Partei von der andern eine Leistung an einen Dritten versprechen läßt, 
ohne dabei im Namen des Dritten als dessen Stellvertreter aufzutreten. Wir 
nennen jene Partei alsdann — im Gegensatz zu dem Dritten als dem Leistungs- 
empfänger — den „Versprechensempfänger“ (Promissar), während wir die 
Gegenpartei kurz als „Schuldner“ bezeichnen. 
2. Daß ein Vertrag auf eine Leistung an einen Dritten geht, kann einen 
sehr verschiedenen Sinn haben. 
a) Der Vertrag kann bedeuten, daß der Dritte weiter nichts als die 
Adresse vorstellen soll, an die der Schuldner seine Leistung zu bewirken hat. 
Alsdann besteht die Verpflichtung des Schuldners, an den Dritten zu leisten, 
nur gegenüber dem Versprechensempfänger, während der Dritte selber jedes 
Gläubigerrechts gegenüber dem Schuldner entbehrt. Demgemäß kann der 
Dritte, wenn die Leistung ausbleibt, für seine Person gegen den Schuldner 
nichts unternehmen, sondern das Recht zur Mahnung, Kündigung, Klage, 
Zwangsvollstreckung usw. steht einzig und allein dem Versprechensempfänger zu. 
Der Vertrag kann aber ebensogut auch bedeuten, daß der Dritte ein eignes 
Recht auf die Leistung erwerben soll und somit beim Ausbleiben der Leistung 
unabhängig vom Versprechensempfänger in eigner Person mahnen, kündigen, 
klagen und die Zwangsvollstreckung betreiben kann. 
b) Ob dem Vertrage im Einzelfall die erste oder die zweite Bedeutung 
beizulegen ist, muß regelmäßig durch freie Auslegung des Vertrages ermittelt 
werden (328 II). Nur für einige Arten von Verträgen greifen besondre Aus- 
legungsregeln ein. 
a) Hat jemand einem andern versprochen, dessen Gläubiger zu befriedigen, 
ohne hiermit eine sog. Schuldübernahme zu verbinden, so wird dem Gläubiger 
ein Recht auf Erfüllung dieses Versprechens im Zweifel versagt: das Recht 
steht vielmehr einzig und allein dem Versprechensempfänger zu (329). 
8) Das Gegenteil gilt, wenn in einem Lebensversicherungs= oder Leib- 
rentenvertrage der Versicherer oder der Rentenschuldner die Zahlung der Ver- 
sicherungssumme oder der Leibrente an einen Dritten verspricht oder wenn bei 
einer Vermögens= oder Gutsübernahme der Übernehmer Leistungen an Dritte 
zum Zweck ihrer Abfindung zusagt oder wenn bei einer Schenkung dem Be- 
schenkten Leistungen an Dritte auferlegt werden (330). Aus allen diesen Ver- 
einbarungen erwächst also dem Dritten im Zweifel ein eignes Recht auf die 
für ihn bedungene Leistung. 
1) Hellwig, Verträge auf Leistung an Dritte (99); Dniestrzanski, Aufträge zugunsten 
Dritter (04); Regelsberger, Jahrb. f. Dogm. 41 S. 251.
	        
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