402 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen.
Bildes an C. sehr wohl imstande. Wie dieser Fall zu entscheiden ist, läßt sich aus den
Regeln oben zu 1 nicht entnehmen. Siehe aber die Regeln unten zu 2. b) Zweiter Fall:
das Bild ist erst am 2. Mai gestohlen und am 4. Mai an E. versteigert worden. Hier
ist die Lieferung des Bildes von A. an C. für A. nachträglich subjektiv unmöglich geworden,
und zwar durch einen Umstand, den A. nicht zu vertreten braucht. Somit ist die Ent-
scheidung dieselbe wie zu I, 1b: C. kann von A. weder die Erfüllung des Vertrages durch
Lieferung des Bildes noch Schadensersatz wegen Nichterfüllung sordern. 2. Dieselben beiden
Fälle wie zu 1; nur hat A. so zeitig erfahren, daß das Bild gestohlen und auf die Kunstauktion
gebracht worden ist, daß er die Versteigerung an E. hätte verhindern können. Hier läßt sich
im ersten Fall eine Entscheidung auf Grund der Regeln oben zu 1 nicht gewinnen. Dagegen
ist im zweiten Fall dem C. das Recht zuzusprechen, auf der Erfüllung des Vertrages durch
Lieferung des Bildes zu bestehn oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen:
denn A. muß in diesem Fall die Veräußerung des Bildes an E. vertreten;: C.##Ersatz-
anspruch geht wie zu I. 2 auf die Vergütung des entgangenen Gewinns von 1000 Mk.
Daß in dem zweiten Hauptfall der Gläubiger nicht bloß Schadensersatz wegen Nicht-
erfüllung fordern, sondern, wie ich annehme, auch auf der geschuldeten Leistung selbst, ihrer
Unmöglichkeit ungeachtet, bestehn darf, ist im Gesetz nicht ausdrücklich gesagt. Doch ist im
Gesetz auch das Gegenteil nicht bestimmt. Für meine Annahme spricht, daß es im höchsten
Maß unbillig sein würde, wollte man dem Schuldner gestatten, sich gegen die Klage des
Gläubigers auf Erfüllung mit dem Einwande zu verteidigen, er selbst, der Schuldner und
Beklagte, habe sich durch einen von ihm zu vertretenden Umstand die Erfüllung unmöglich
gemacht. Denn die Folge wäre, daß, wenn der Schuldner mit dem Einwande durchdringt,
der Kläger mit seiner Klage kostenpflichtig abgewiesen werden müßte, und zwar selbst dann,
wenn er die Unmöglichkeit der Leistung erst im Lauf des Prozesses erfährt und wenn er
durch die Unterlassung der Leistung keinen nachweisbaren Vermögensschaden erleidet und
somit nicht in der Lage ist, durch Anderung des Klagantrages eine Verurteilung des Be-
klagten zu Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu erzielen. Dazu kommt, daß gerade in
dem wichtigsten hierher gehörigen Fall meine Annahme so gut wie unbestritten ist: es ist
dies der Fall, daß die Forderung des Gläubigers auf eine Geldzahlung geht und der
Schuldner niemals imstande sein wird, diese Summe zu bezahlen.
2. Die Aufzählung der drei Hauptfälle zu 1. ist nun aber offensichtlich
nicht erschöpfend. Insbesondre ist der wichtige Fall im Gesetz schweigend über-
gangen, daß eine vertragsmäßig ausbedungene Leistung schon zur Zeit des
Vertragsschlusses unmöglich war, die Unmöglichkeit aber nicht objektiv für jeder-
mann, sondern nur subjektiv für den Schuldner bestand. Wie es scheint, wird
man für diesen Fall folgende weitere Hauptregeln aufstellen müssen. Hat der
Gläubiger beim Abschluß des Vertrages die Unmöglichkeit der Leistung für
den Schuldner weder gekannt noch kennen müssen, so ist der Vertrag gültig
und die Rechtswirksamkeit der Forderung wird durch die Unmöglichkeit der
Leistung nicht beeinträchtigt; das will besagen: der Gläubiger kann wie im
zweiten Hauptfall auf der Vornahme der Leistung, ihrer Unmöglichkeit ungeachtet,
bestehn oder nach seiner Wahl wegen des Ausbleibens der Leistung Schadens-
ersatz beanspruchen. Hat der Gläubiger beim Abschluß des Vertrages die Un-
möglichkeit der Leistung für den Schuldner gekannt oder kennen müssen, so ist
der Vertrag nichtig; das will besagen: der Gläubiger kann wie im ersten und
dritten Hauptfall auf der Vornahme der unmöglichen Leistung nicht bestehn und
3) Gegen meine Annahme Ortmann Anm. 4 zu 275. Dafür RG. 54 S. 32; Rabel,
Unmöglichkeit d. Leistung (07) S. 14.