Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

99. Teilunmöglichkeit. Vorübergehende Unmöglichkeit. Surrogate. 409 
Beispiel. Die Tänzerin A. hat sich von B. für ein Gastspiel im Mai engagieren lassen, obschon 
die Polizei dem B. erklärt hat, sie verböte das Auftreten der A. und würde es nötigenfalls 
gewaltsam verhindern. Hier ist das Engagement der A. nichtig und bleibt es auch dann, 
wenn die Polizei das Verbot nachträglich aufhebt. 
VII. 1. a) Sehr oft wird es geschehn, daß der Schuldner infolge des Um- 
standes, der die geschuldete Leistung nachträglich unmöglich macht, für den ge- 
schuldeten Gegenstand irgendein Surrogat gewinnt. Ist dies der Fall, so kann 
der Gläubiger das Surrogat für sich beanspruchen; er kann also fordern, daß 
der Schuldner ihm herausgibt, was er als Ersatz für den geschuldeten Gegen- 
stand empfangen hat, oder daß er, soweit er einen Ersatz noch nicht empfangen, 
aber von einem Dritten zu beanspruchen hat, diesen Anspruch an ihn abtritt 
(281 D. 
b) Das Recht des Gläubigers auf das Surrogat der geschuldeten Leistung 
steht ihm sowohl dann zu, wenn der Schuldner die Umstände, auf denen die 
Unmöglichkeit der Leistung beruht, zu vertreten hat, wie dann, wenn der 
Schuldner von dieser Vertretung frei ist. In ersterem Fall konkurriert das Recht 
auf das Surrogat mit dem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung 
in der Art, daß, wenn der Gläubiger beide Rechte nebeneinander geltend macht, 
die ihm zu leistende Entschädigung um den Wert des erlangten Surrogats ge- 
mindert wird (281 11). 
I) Ist die unmöglich gewordene Leistung aus einem gegenseitigen Vertrage 
geschuldet, so bleibt der Gläubiger so lange, als er das Recht auf das Surrogat 
der unmöglichen Leistung geltend macht, zu seiner eignen Gegenleistung ver- 
pflichtet. Doch mindert sich die Gegenleistung insoweit, als der Wert des Surro- 
gats hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt (323 II, 325 1 
Satz 3). 
2. Zweifelhaft ist, ob die Regeln zu 1 analog anwendbar sind, wenn eine 
Leistung, die als Gegenstand einer Forderung bestimmt war, bereits zu der 
Zeit unmöglich war, als die Forderung zur Entstehung gelangen sollte. Wie 
es scheint, wird man die Frage nur für den Fall bejahen dürfen, daß der 
Gläubiger infolge der Unmöglichkeit der Leistung einen Anspruch auf Schadens- 
ersatz wegen Nichterfüllung hat.“ 
Beispiel. A. hat eine Ware, die ihrem richtigen Wert nach für 10000 Mk. gegen 
Feuersgefahr versichert war, irrtümlich für 8000 Mk. an B. verkauft; die Ware verbrennt. 
I. Hier kann B. verlangen, daß A. ihm seinen Anspruch gegen den Versicherer auf Aus- 
zahlung der Versicherungssumme abtritt, wenn der Brand erst nach Abschluß des Kaufs 
statigesunden hat, mag dem A. oder dessen Leuten bei dem Brande ein Verschulden zur Last 
fallen oder nicht. II. Dagegen kann B. die Abtretung nicht fordern, wenn der Brand vor 
Abschluß des Kaufs stattgefunden hat. 
VIII. Ist es streitig, ob eine geschuldete Leistung möglich ist und ob, 
wenn sie unmöglich ist, der Schuldner die Umstände, auf denen die Unmög- 
lichkeit beruht, vertreten muß, trifft die Beweislast den Schuldner (s. 282). 
IX. In allen Fällen, in denen ein Gläubiger wegen Unmöglichkeit einer ihm vertrags- 
5) Abw. Planck Anm. 7 zu BGB. 281.
	        
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