26 Buch I. Abschnitt 1. Die Rechtsregeln.
lichen Rechts bemächtigen, die durch eine reichsgesetzliche Vorschrift ausdrücklich
der Landesgesetzgebung überwiesen sind (EG. 3, 55).4 Die meisten dieser Über-
weisungen finden sich im Einführungsgesetz zum bürgerlichen Gesetzbuch.
a) Die Überweisungen des Einführungsgesetzes beruhn auf der Erwägung,
daß gewisse Teile des bürgerlichen Rechts sich zurzeit nicht für eine einheitliche
reichsgesetzliche Regelung eignen, sei es, weil sie mit dem öffentlichen Recht
der Bundesstaaten eng verknüpft, sei es, weil ihre tatsächlichen Unterlagen in
den einzelnen Bundesstaaten gar zu verschieden, sei es, weil die gesetzgebenden
Faktoren des Reichs über die Art der zu erlassenden reichsrechtlichen Vor-
schriften noch nicht schlüssig geworden sind.
5) Die Überweisungen des Einführungsgesetzes sind von sehr verschiedenem
Umfang. Bald gehn sie dahin, daß eine ganze mehr oder minder umfassende
Rechtsmaterie der landesgesetzlichen Regelung unbeschränkt überlassen sein soll.
Bald teilen sie der Landesgesetzgebung gleichfalls eine ganze Rechtsmaterie zu,
machen aber dabei gewisse zum Teil sehr empfindliche Vorbehalte. Bald be-
schränken sie endlich die Landesgesetzgebung darauf, eine engumschriebene
Rechtsfrage anders zu entscheiden, als es im bürgerlichen Gesetzbuch geschehn.
Beispiele: I. Unbeschränkt ist der Landesgesetzgebung überwiesen das Bergrecht (EG. 67).
Demnach haben in dieser Materie die Landesgesetze völlig freie Hand. Es wäre also denkbar,
daß sie nicht bloß spezifisch bergrechtliche Fragen selbständig entscheiden, sondern auch, daß
sie Fragen allgemeiner Art, die mit dem Bergwesen in keinem besondern Zusammenhang
stehn, in schrofsem Widerspruch zum BG. regeln. Möglich wäre es z. B., daß ein Landes-
gesetz bestimmte, in Bergrechtssachen beginne die Volljährigkeit erst mit 25 Jahren (gegen 2),
können Willenserklärungen wegen Irrtums nicht angefochten werden (gegen 119), entbehre
die Mutter der elterlichen Gewalt (gegen 1684), seien Testamente wirkungslos (gegen 1937 ff.).
II. Nur mit einem Vorbehalt ist der Landesgesetzgebung überwiesen das Anerbenrecht in
Ansehung land= und forstwirtschaftlicher Grundstücke (EG. 64). Denn hier ist bestimmt, daß
die Landesgesetze zwar für den Fall freie Hand haben sollen, daß der Eigentümer des
Grundstücks ein Testament oder eine andre Versügung von Todeswegen nicht errichtet hat,
daß aber für den umgekehrten Fall die Landesgesetze nichts anordnen dürfen, wodurch das
Recht des Erblassers, über das Grundstück von Todeswegen zu verfügen, beschränkt werde
Die Landesgesetze können also z. B. befehlen, daß, wenn ein Bauer ohne Verfügung von
Todeswegen stirbt, sein Bauerngut nur auf den ältesten oder umgekehrt nur auf den jüngsten
Sohn als Anerben übergehn (gegen 1924), daß der Anerbe, obschon er als wirklicher Erbe
anzusehen sei, doch für Nachlaßschulden, die auf das Bauerngut keinen Bezug hätten, nicht
haftbar sein solle (gegen 1967 1), daß der Anerbe das Bauerngut nur durch eine ausdrückliche
Annahmeerklärung erwerbe (gegen 1942) usw. Ebenso können sie bestimmen, daß ein
Bauer in Ansehung des Bauernguts freiere Verfügungen von Todeswegen treffen könne,
als das BG. sie gestattet, z. B., daß er über das Gut mündlich testieren dürfe (gegen
2231 ff.) oder daß er bei dem Testament durch irgendwelche Pflichtteilsrechte nicht gebunden
sei (gegen 2303 ff). Dagegen können sie nicht anordnen, daß der Bauer über das Bauern-
gut Verfügungen von Todeswegen erst nach Erreichung des 18. Lebensjahres oder nur in
gerichtlicher Form treffen könne (gegen 2229 ff.) oder daß der Pflichtteil seines ältesten Sohnes
dem vollen Wert des Bauernguts gleichkommen (gegen 2303). III. Nur die Entscheidung einer
engumschriebenen Rechtsfrage ist der Landesgesetzgebung überwiesen durch die Regel, daß die
Landesgesetze das gesetzliche Erbrecht des Fiskus diesem entziehen und auf irgend eine andre
juristische Person des öffentlichen Rechts übertragen können (EG. 138). Denn die Landesgesetze
4) Siehe aber oben 8 8 IV.