Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 104. Erfüllungszeit. Stundung. Diskont. Fixgeschäft. 425 
Gläubigers oder des Schuldners abhängig gemacht. 1 Diese ist eine einseitige, 
empfangsbedürftige Willenserklärung; sie ist ungültig, wenn sie unter einer 
Bedingung abgegeben wird (s. oben S. 238). 
III. 1. Wenn der Schuldner von seinem Recht Gebrauch macht, eine Ver- 
bindlichkeit zu erfüllen, noch ehe sie fällig geworden ist, so hört, wenn die Ver- 
bindlichkeit verzinslich ist, der Zinsenlauf mit dem Tage der tatsächlichen 
Erfüllung auf. Das gleiche gilt sogar dann, wenn der Schuldner vorzeitig 
erfüllt, obschon er dazu nicht befugt ist; freilich braucht der Gläubiger die 
vorzeitige Erfüllung in diesem Fall nicht anzunehmen; nimmt er sie aber an, 
so hat er damit auf fernere Zinsen verzichtet. 
2. Hieraus folgt aber nicht, daß nun auch ein Schuldner, der eine un- 
verzinsliche Schuld erfüllt, bevor sie fällig geworden ist, von seiner Schuld- 
summe Zwischenzinsen (Diskont, Skonto) abziehn dürfte (272). 
Abweichende Vereinbarungen sind auch in Ansehung der Regeln zu 1 und 2 zulässig. 
Beispiele: I. Hypothekenbanken gestatten ihren Schuldnern die Heimzahlung der Hypotheken- 
kapitalien zu jeder Jahreszeit, behalten sich aber die Verzinsung bis zum Ende des Jahres 
vor, in dem die Zahlung erfolgt. II. Ein Verkäufer stundet dem Käufer den Kaufpreis 
unverzinslich auf 3 Monate, verspricht ihm aber bei sofortiger Zahlung ein Skonto von 2%. 
IV. 1. Die Erfüllungszeit einer Forderung kann nachträglich hinausge- 
schoben werden. Dazu ist regelmäßig ein Vertrag zwischen Gläubiger und 
Schuldner (Stundungsvertrag,) erforderlich. 
2. Ebenso kann umgekehrt die Erfüllungszeit nachträglich näher heran- 
gerückt werden. Dies geschieht namentlich durch die Konkurseröffnung über 
das Vermögen des Schuldners; denn diese macht alle Konkursforderungen 
sofort fällig, und zwar so, daß bei verzinslichen Forderungen der Forderungs- 
betrag unverändert bleibt, während bei unverzinslichen Forderungen ein Zwischen- 
zins abgezogen wird (Konk Ordn. 65). Der Zwischenzins wird zu dem gesetz- 
lichen Zinsfuß für die Zeit von der Konkurseröffnung bis zum Fälligkeitstage 
berechnet und zwar nicht von der vollen Schuldsumme, sondern von dem ge- 
ringeren Betrage, der unter Zurechnung dieser Zwischenzinsen der vollen Schuld- 
summe gleichkommt. 
Beispiel. A. hat gegen B. eine unverzinsliche, am 1. Oktober 1908 fällige Konkurs- 
forderung von 6000 Mk.; am 1. Oktober 1903 fällt B. in Konkurs. Hier wird die Forde- 
rung des A. durch Abzug eines Zwischenzinses von 1000 Mk. auf 5000 Mk. herabgesetzt; 
denn 5000 Mk. mit 4% Zinsen auf 5 Jahre sind gleich 6000 Mk. 
V. Bei vertragsmäßigen Verpflichtungen wird mitunter bestimmt, daß der 
Schuldner die ihm obliegende Leistung „genau“ oder „fix“ zu einer bestimmten 
Zeit oder innerhalb einer bestimmten Frist zu bewirken habe. Das will be- 
sagen, daß der Gläubiger auf die pünktliche Erfüllung der Verpflichtung mit 
größter Strenge halten dürfe und eine auch nur um wenige Minuten ver- 
spätete Erfüllung nicht gelten zu lassen brauche. Ein Vertrag mit solcher 
1) Immerwahr, Kündigung (98); Thiele, Arch. f. ziv. Pr. 89 S. 85.
	        
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