430 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen.
eines rechtskräftigen Urteils, wohl aber das Erfordernis der Stellung einer
Nachfrist und einer Androhung der Zurückweisung der Leistung fort:
ao) wenn der Schuldner die Nachholung der Leistung ernstlich verweigert hat;
6 wenn der Schuldner zur Nachholung der Leistung so viel Zeit gebrauchen
würde, daß eine „angemessene“, d. h. nicht bloß seinen eignen, sondern auch den
Interessen des Gläubigers entsprechende Nachfrist ihm nichts helfen würde;
) bei Fixgeschäften.
Beispiele. A. hat ein ihm gehöriges Gemälde dem Maler B. auf dessen Bitte un-
entgeltlich zum Kopieren geliehen und hat dem B. etwas später die fast vollendete Kopie
zur Lieferung binnen 14 Tagen abgekauft; B. liefert aber die Kopie binnen der 14 Tage
trotz Mahnung nicht und gibt sogar, obschon A. ihn auch darum gemahnt hat, nicht einmal
das Originalgemälde zurück. Hier kann A. die nachträgliche Lieferung der Kopie unter Fest-
setzung einer angemessenen Nachfrist ablehnen und gleich nach Ablauf der Frist Schadens-
ersatz in Geld fordern. Dagegen muß er, wenn er auch die nachträgliche Zurückgabe des
Originals zurückweisen will, zuvor den B. auf Rückgabe des Bildes verklagen und ein rechts-
kräftiges Urteil gegen ihn erstreiten. Denn in Ansehung der Kopie stützt sich A. auf einen
gegenseitigen, in Ansehung des Originals auf einen einseitigen Vertrag!
III. Aufhebung des Verzuges tritt ein, wenn der Schuldner seine
Verpflichtungen einschließlich ihres durch den bisherigen Verzug erwachsenen
Zuwachses nachträglich erfüllt oder wenn der Gläubiger die nachträgliche Er-
füllung grundlos zurückweist oder endlich wenn die Verpflichtung des Schuldners
aufgehoben wird. Von nun ab fallen auch die Folgen des Verzuges fort;
der Schuldner braucht also keine Verzugszinsen mehr zu zahlen, haftet nicht
mehr für Zufall usw.
8) Verzug des Gläubigers (Annahmeverzug).1
8 106.
I. Ein Gläubiger, der die ihm vom Schuldner gebotene Leistung nicht
annimmt oder die ihm selber obliegende Mitwirkung bei der Leistung unterläßt,
gerät in Annahmeverzug (mora creditoris), wenn folgende Voraussetzungen
erfüllt sind.
1. Es muß der Zeitpunkt da sein, in dem der Schuldner zu leisten befugt
ist; dagegen ist Fälligkeit der Forderung nicht nötig (s. oben S. 424).
2. a) Regelmäßig gerät der Gläubiger, wenn dieser Zeitpunkt gekommen,
noch nicht sofort in Verzug, sondern, so gut wie der Gläubiger, der den Schuldner
in Verzug setzen will, ihn erst mahnen muß, so gut muß der Schuldner, der
den Gläubiger in Verzug setzen will, ihm erst die Leistung anbieten. Und
zwar muß das Angebot durch die Tat geschehn, d. h. der Schuldner muß
alles tun, was von seiner Seite zu der geschuldeten Leistung gehört. Nur
wenn der Gläubiger dem Schuldner im voraus erklärt hat, daß er die Leistung
5) RG. 61 S. 350, 66 S. 420, 431.
1) G. A. Leist, Arch. f. ziv. Pr. 83 S. 161; Hirsch, z. Rev. d. L. vom Gläubiger-
verzuge (95); Rosenberg, Jahrb. f. Dogm. 43 S. 141.