§ 109. Leistung an Erfüllungsstatt. § 110. Hinterlegung. 439
bietet ihm am Zahltage statt baren Geldes seine Uhr und bittet ihn, sich durch Verkauf der
Uhr bezahlt zu machen; B. nimmt das Angebot A.s an. Hier ist, wenn dem B. der Ver-
kauf erst am 15. Oktober gelingt und dabei nur ein Erlös von 60 Mk. herauskommt, B.8
Forderung erst am 15. Oktober und nur in Höhe von 60 Mk. getilgt.
Ülber das sogenannte Schuldkonstitut siehe unten § 113 a.
2. Binterlegung.!
8 110.
Eine Forderung erlischt insoweit, als der Leistungsgegenstand für den
Gläubiger rechtmäßig unwiderruflich hinterlegt wird.
I. Die Hinterlegung (depositio) greift nur bei Verpflichtungen Platz,
die auf Zahlung von Geld oder Lieferung von Wertpapieren, andern Ur-
kunden oder Kostbarkeiten gehn; sie findet bei einer öffentlichen Hinter-
legungsstelle statt (372 1). Die Hinterlegungsstelle bewahrt die hinterlegten
Sachen entweder getrennt auf oder vermischt sie mit den eignen Beständen;
im letztern Fall ist sie zur Herausgabe des Werts der Sachen samt Zinsen
verpflichtet.
Das Nähere bestimmen die Hinterlegungsordnungen der einzelnen Staaten: E. 144,
145; preuß. HOrdn. v. 14. März. 79 (abgeändert durch preuß. AussGes. 84); bayr.
AusfGes. 167 XXII u. bayr. HOrdn. v. 18. Dez. 99; sächs. Ges. v. 15. Juni 00 102 ff.;
württemb. Ausf Ges. 143 ff.; bad. HOrdn. v. 7. Juni 84 (abgeändert durch bad. AusfGes. 37) usw.
1. In Preußen sind als regelmäßige H.e stellen für Gelder, Kostbarkeiten, Inhaberpapiere
und Legitimationspapiere die Bezirksregierungen (an deren Stelle für Berlin eine besondre
Behörde tritt), für andre Urkunden die Amtsgerichte bestimmt; in dringlichen Fällen sind
die Amtsgerichte auch für die Hinterlegung der erstgenannten Gegenstände zuständig, jedoch
nur vorläufig. In Bayern, Sachsen, Hamburg dienen die Amtsgerichte, in Württemberg
und Hessen die Amts= und Landgerichte sowie u. U. das Oberlandesgericht, in Elsaß-Lothringen
die Staatsdepositalverwaltung als H stellen.
2. Hinterlegtes Geld geht in Preußen und den meisten Staaten sofort in das Eigentum
des Staats über:; dagegen ist in Bayern bestimmt, daß das Geld erst dann Staatseigentum
wird, wenn die H.h#stelle es zinsbar anlegt (pr. HOrdn. 7; württemb. AusfGes. 151; bayr.
HOrdn. 8). Andre hinterlegte Gegenstände verbleiben dem bisherigen Eigentümer und sind
von der H.-stelle getrennt aufzubewahren (preuß. HOrdn. 36; württemb. AusfGes. 144 usw.).
II. 1. Die Hinterlegung ist im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner
nur rechtswirksam, wenn der Gläubiger in Annahmeverzug oder die Leistung
an ihn aus einem andern in seiner Person liegenden Grunde oder infolge einer
vom Schuldner nicht verschuldeten Ungewißheit über seine Person unmöglich
oder unsicher ist (372).: Doch prüft die Hinterlegungsstelle nicht, ob diese
Voraussetzungen erfüllt sind, sondern nimmt die Hinterlegung auf einseitigen
Antrag des Schuldners kritiklos an; ihre eignen Verpflichtungen gegenüber
Gläubiger und Schuldner sind denn auch die gleichen, mag die Hinterlegung
gerechtfertigt sein oder nicht.
2. Der Schuldner soll dem Gläubiger die Hinterlegung, wenn tunlich,
1) Beer, Hinterlegung (00); Müller, Jahrb. f. Dogm. 41 S. 411.
2) Siehe RE. 55 S. 50.