440 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen.
anzeigen; andernfalls bleibt zwar die Hinterlegung rechtswirksam, der Schuldner
ist aber dem Gläubiger schadensersatzpflichtig (374 II).
III. Der Gläubiger erwirbt durch die Hinterlegung gegenüber der Hinter-
legungsstelle ein eignes Recht auf die hinterlegten Sachen oder deren Wert;
der Hinterlegungsvertrag, den der Schuldner mit der Hinterlegungsstelle ab-
schließt, ist also ein Vertrag zu seinen Gunsten. Doch unterliegt sein Recht
zunächst dem Widerruf des Schuldners, indem dieser die Sachen oder ihren
Wert beliebig zurücknehmen kann. Dies Widerrufsrecht fällt aber fort (376):
1. wenn der Schuldner der Hinterlegungsstelle erklärt, daß er auf das
Widerrufsrecht verzichte;
2. wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle erklärt, daß er die Hinter-
legung annehme;
3.z wenn der Hinterlegungsstelle ein rechtskräftiges zwischen Gläubiger und
Schuldner ergangenes Urteil vorgelegt wird, das die Hinterlegung für recht-
mäßig erklärt.
Das Widerrufsrecht kann von den Gläubigern des hinterlegenden Schuldners nicht ge-
pfändet werden; auch kann es der Schuldner selber nicht geltend machen, wenn er sich im
Konkurse befindet (377). Hat der Schuldner einmal erklärt, daß er von dem Widerrufsrecht
Gebrauch mache, so behält er dies Recht, auch wenn der Gläubiger nachträglich erklärt, die
Hinterlegung anzunehmen.=
IV. Wenn der Gläubiger die Erfüllung seiner Forderung nur gegen eine
von ihm zu bewirkende Gegenleistung fordern kann, darf der Schuldner die
Sachen mit der Beschränkung hinterlegen, daß der Gläubiger die Herausgabe
der Sachen oder ihres Werts bloß verlangen darf, wenn er die ihm obliegende
Gegenleistung bewirkt (373).
V. 1. Solange der Schuldner die Hinterlegung widerrufen darf, dauert
die Forderung des Gläubigers gegen ihn fort. Doch kann der Schuldner ver-
langen, daß der Gläubiger sich an die hinterlegten Sachen hält; auch trägt der
Gläubiger die Gefahr der Sachen; Zinsen braucht der Schuldner nicht zu
zahlen, Ersatz für nicht gezogene Nutzungen nicht zu leisten. Nimmt aber der
Hinterleger die Sachen zurück, so gilt die Hinterlegung als nicht erfolgt (379).
2. Sobald das Widerrufsrecht des Schuldners fortgefallen, ist die Forde-
rung des Gläubigers endgültig aufgehoben; und zwar wird die Aufhebung
auf den Zeitpunkt der Hinterlegung zurückbezogen (378).
Das Recht des Gläubigers auf die hinterlegten Sachen oder ihren Wert erlischt in
30 Jahren, nachdem die Hinterlegung ihm angezeigt ist oder er sich bei der Hinterlegungsstelle
gemeldet hat. Alsdann ist der Schuldner zur Rücknahme berechtigt, selbst wenn er vorher
darauf verzichtet hatte (382); macht er ein Jahr lang von seinem Recht keinen Gebrauch, so
werden nach den meisten Landesgesetzen die hinterlegten Sachen oder ihr Wert mit der Wirkung
öffentlich aufgeboten, daß sie, wenn sich in dem Verfahren kein Berechtigter meldet, endgültig
dem Staat verfallen (EG. 145; preuß. HOrdn. 58 a, 69; sächs. Ges. v. 15. Juni 00 §§ 111,
112, 117; württemb. AusfGes. 159 f.; anders Bayern HOrdn. 33 (Aufgebot nicht nötigl).
3) Beer S. 72; Müller S. 488. Abw. Planck Anm. 2b zu 376.
4) R. 59 S. 15.