Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

446 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen. 
wenn B. nichts andres bestimmt hat, beide Forderungen gleichmäßig getilgt, und zwar eine 
jede zunächst in Höhe der bis dahin mit 1% aufgelaufenen Zinsen: jede Forderung be- 
trägt also fortab 510 Mk. nebst 4 % Zinsen. 
Sehr oft kommt es vor, daß ein Gläubiger A., der von seinem Schuldner B. den 
fälligen Betrag x zu fordern hat und weiß, daß B. eine zweifelhafte Gegenforderung, die auf 
den Betrag von y geht, gegen ihn geltend machen wird, der Einfachheit wegen zunächst nur 
den unstreitigen Betrag 1—y gegen B. einklagt und daß B. alsdann in dem Prozeß erklärt, 
seine Gegenforderung gerade auf den jetzt eingeklagten Teil der klägerischen Forderung auf- 
zurechnen, während A. ihn mit der Aufrechnung umgekehrt auf den nicht eingeklagten Teil 
der Forderung verweist. Hier ist B. im Recht; denn der eingeklagte Teil der Forderung ist 
für den Gläubiger ebenso sicher, aber für den Schuldner lästiger als der nicht eingeklagte; 
B. ist also wohl befugt, seine Gegenforderung gerade gegen den eingeklagten Teil aufzu- 
rechnen.! Wollte A. dies vermeiden, so hätte er der Aufrechnung B.s zuvorkommen und 
seinerseits die Aufrechnung mit dem nicht eingeklagten Teil bereits vor der Klagerhebung 
erklären müssen. 
IV. 1. Die Tatsache, daß sich zwei aufrechenbare Forderungen gegenüber- 
stehn, ist, solange keiner der Gläubiger die Aufrechnung erklärt, grundsätzlich 
für alle andern bei dem Bestande einer der Forderungen interessierten Per- 
sonen unerheblich. Diese Personen können also erstlich das nicht tun, was 
die Gläubiger selber nicht wollen, nämlich die Aufrechnung als solche mit ihren 
zu II, 2 genannten Wirkungen erklären. Ebensowenig können sie sich auf den 
Schwebezustand, der dadurch entsteht, daß die Gläubiger von ihrem Aufrechnungs- 
recht zurzeit noch keinen Gebrauch machen, in andrer Art berufen. Dies gilt 
namentlich für die Mitschuldner (422 II): hat einer von ihnen eine aufrechen- 
bare Gegenforderung wider den gemeinsamen Gläubiger, so geht dies die 
andern Mitschuldner schlechterdings nichts an; sie können nicht verlangen, daß 
der Gläubiger gerade durch Aufrechnung seiner Forderung gegen die Gegen- 
forderung des Mitschuldners oder umgekehrt befriedigt werde. Nur bei der 
Bürgschaft greift eine beschränkte Ausnahme Platz (770 10). 
2. Auch hier tritt aber alsbald ein Wechsel ein, sobald die Aufrechnung 
von einem der Gläubiger gültig erklärt ist: nunmehr können sich auch dritte 
Personen darauf berufen; und dies Recht kann ihnen selbst dadurch nicht ge- 
nommen werden, daß die Gläubiger die Aufrechnung vertragsmäßig rückgängig 
machen. 
V. Besondre Regeln gelten für die Aufrechnung im Konkurse. Siehe Konk Ordn. 53 ff. 
VI. Der Aufrechnung verwandt ist die Skontration. Von ihr ist im Handelsrecht 
zu sprechen. 
4. Nüchtritt. 
8 112. 
Eine Forderung erlischt, wenn sie auf einem Vertrage beruht und eine der 
Vertragsparteien von dem Vertrage rechtmäßig zurücktritt. 
14) R. 66 S. 267.
	        
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