464 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen.
1. Unanwendbar ist die Regel, daß der Einwand, die übertragene Forderung
beruhe auf einem bloßen Scheingeschäft, dem neuen Gläubiger vom Schuldner
nur beschränkt entgegengestellt werden kann (s. 412, 405).
2. In den zu 1 2 genannten und einigen verwandten Fällen darf der
neue Gläubiger den Übergang der Forderung auf sich nicht zum Nachteil des
alten Gläubigers geltend machen.
Er darf also, wenn er den alten Gläubiger bloß wegen eines Teils der Forderung
befriedigt und also auch nur einen Teil der Forderung erworben hat, wegen dieser Teil-
sorderung gegen den Schuldner nur dann vorgehn, wenn der Schuldner zur Erfüllung der
ganzen Forderung imstande ist; denn andernfalls würde er mit seiner Teilforderung der
Restforderung des alten Gläubigers zu dessen Schaden Konkurrenz machen.
VII. Ubergang der Verpflichtungen auf einen neuen Schuldner."
1. Ubertragung durch Rechtsgeschäft.
§ 116.
So gut wie die Forderungen auf einen neuen Gläubiger können auch die
Verpflichtungen auf einen neuen Schuldner durch Rechtsgeschäft übertragen
werden, ohne daß sie dabei ihr Wesen ändern. Diese Übertragung kann in
zweifacher Art vor sich gehn: die erste Art wird „privative Schuldübernahme"
oder „Schuldübernahme“ schlechthin genannt, während der zweiten Art der
Name „kumulative Schuldübernahme“ beigelegt ist.
I. 1. Die privative Schuldübernahme bedeutet, daß der alte
Schuldner vollständig aus seiner Verpflichtung gegen den Gläubiger entlassen
wird und daß an seiner Stelle der neue Schuldner in die Verpflichtung eintritt.
2. aà) Die Schuldübernahme kann durch einen Vertrag zwischen dem neuen
Schuldner und dem Gläubiger bewerkstelligt werden (414); da der alte Schuldner
durch den Vertrag lediglich begünstigt wird, braucht er ihm nicht beizutreten,
sondern wird durch den Vertragsschluß zwischen dem neuen Schuldner und
dem Gläubiger sofort befreit, ohne daß er es weiß oder will.
b) Die Schuldübernahme kann aber auch durch einen Vertrag zwischen dem
alten und dem neuen Schuldner bewerkstelligt werden. Dann ist natürlich
keine Rede davon, daß man die Schuldübernahme etwa als eine Begünstigung
des Gläubigers auffassen könnte: freilich soll der Gläubiger dadurch einen
neuen Schuldner gewinnen; aber er soll zugleich den alten Schuldner verlieren,
der vielleicht weit besser ist als der neue. Demgemäß wird der Schuldüber-
nahmevertrag dem Gläubiger gegenüber erst wirksam, wenn dieser ihm im
voraus zustimmt: oder ihn nachträglich genehmigt; und der Gläubiger darf
seine Genehmigung den Parteien nicht aufdrängen, sondern muß abwarten,
1) v. Blume, Jahrb. f. Dogm. 39 S. 390, 40 S. 109; Regelsberger, ebenda 39 S. 463
Hellwig, Vertr. auf Leistung an Dritte (99) S. 159; Horn, Schuldübernahme (02).
2) R. 60 S. 416.