Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

482 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
andern zur Leistung des negativen Vertragsinteresses verbunden sein (307; 
s. oben S. 407). Ist der verkaufte Gegenstand beim Kaufabschluß nur zu 
einem Teil vorhanden, so ist der Kauf als Ganzes, also auch in Ansehung 
dieses vorhandenen Teils, nichtig, es sei denn, daß anzunehmen ist, die Par- 
teien würden den Kauf auch über den vorhandenen Teil für sich allein ab- 
geschlossen haben (139). 
b) Die Regel zu a erleidet aber zwei Ausnahmen. 
) Der Verkauf eines nicht vorhandenen Gegenstandes ist gültig, wenn 
der Gegenstand ein Recht ist; das will besagen: der Verkäufer ist verpflichtet, 
für den Bestand des verkauften Rechts einzustehn, und muß, falls das Recht 
in Wahrheit nicht besteht, vollen Schadensersatz leisten (437 1).8 
5) Der Verkauf eines nicht vorhandenen Gegenstandes ist gültig, wenn 
der Gegenstand als ein zukünftiger verkauft ist; das will besagen: der Ver- 
käufer ist verpflichtet, den verkauften zukünftigen Gegenstand dem Käufer zu 
liefern, sobald er entsteht; ja er muß sich sogar, je nach Abrede, darum be- 
mühn, daß der Gegenstand zur Entstehung gelangt (308 1l). 
Beispiele. I. A. verkauft am 2. März an B. einen beim Spediteur C. lagernden 
Posten Wolle sowie eine ihm gegen D. zustehende Forderung, und zwar, um rasch zu Gelde 
zu kommen, beides 20 % unter dem Wertj; nachträglich stellt sich heraus, daß die Wolle bei 
C. schon am 1. März verbrannt war und D. an ebendiesem 1. März seine Schuld an 
A.s Generalbevollmächtigten E. bezahlt hatte, ohne daß A. oder B. dies wissen konnte. Hier 
ist der Verkauf der nicht mehr existierenden Wolle nichtig, der Verkauf der nicht mehr 
existierenden Forderung gültig. Demgemäß kann B. von A. wegen der Forderung Schadens- 
ersatz, nämlich Ersatz des entgangenen Gewinns mit 20 %, fordern: dagegen hat er wegen 
der Wolle kein Recht auf Schadensersatz. II. 1. F. in Stettin hat am 1. März sein in 
Stolp belegenes noch im Bau begriffenes Haus samt Garten an G. verkauft, ohne zu wissen, 
daß das Haus am Morgen des 1. März noch vor dem Kaufabschluß eingestürzt ist. Hier 
ist der ganze Kauf nichtig, obschon doch die Bodenfläche, auf der das Haus stand, das 
Fundament des Hauses und der Garten nach wie vor vorhanden sind. 2. Derselbe Fall; 
nur hat der Unfall bloß ein Gartenhaus des F. betroffen. Hier bleibt der Kauf gültig; 
doch ist der Kaufpreis entsprechend zu ermäßigen. III. H. hat das nächste Fohlen seiner 
Stute an J. verkauft, obschon die Stute noch gar nicht trächtig ist. Hier ist der Verkauf 
gültig und H. demgemäß verpflichtet, sobald seine Stute ein Fohlen wersen wird, es dem 
J. zu liefern. Ja er kann je nach Abrede sogar verpflichtet sein, das seine dazu zu tun, 
daß die Stute ein Fohlen werfe, d. h. dafür zu sorgen, daß die Stute von einem ihrem 
Stande entsprechenden Hengst gedeckt wird. 
Über den sog. Hoffnungskauf s. unten § 132. 
3. Gültig ist ein Kauf auch dann, wenn das verkaufte Gut nicht dem 
Verkäufer, sondern einem Dritten, dagegen ist er ungültig, wenn das Gut 
dem Käufer gehört. Denn im ersten Fall ist die Ubertragung des Guts auf 
den Käufer objektiv möglich, im zweiten ist sie objektiv unmöglich. 
Beispiele. I. Frau A. verkauft ein zum Nachlaß ihres eben verstorbenen Manns 
gehöriges Haus an ihren Schwager B., im Glauben, daß sie kraft Testaments die Allein- 
erbin ihres Manns geworden sei; nachträglich stellt sich heraus, daß ihr Mann das Testament, 
in dem er sie als Erbin eingesetzt hat, heimlich widerrufen und statt ihrer seine Maitresse C. 
als Erbin bestellt hat. Hier ist der Verkauf des Hauses gültig. Frau A. mag also zusehn, 
3) Siehe aber RG. 68 S. 293.
	        
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