486 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen.
2. Der Kauf von Sachen.
a) Gegenseitige Abhängigkeit der Verpflichtungen des Ver-
käufers und Käufers. Übergang der Gefahr der Kaufsache.
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Der Kauf ist ein gegenseitiger Vertrag (oben S. 370 2D), so daß sich
die Verpflichtungen des Verkäufers und die des Käufers in der bereits früher
geschilderten Art gegenseitig bedingen (s. oben S. 371 II, 1; 404 III). Hieraus
ergeben sich unter andern die folgenden Regeln.
I. 1. Geht die Kaufsache, ehe der Verkäufer sie geliefert hat, infolge eines
Zufalls — d. h. eines Umstandes, den weder der Verkäufer noch der Käufer
zu vertreten braucht — vollständig unter, so wird nicht bloß der Verkäufer
selbst von der Pflicht zur Lieferung der Sache, sondern auch der Käufer von
der Pflicht zur Bezahlung des Kaufpreises befreit (323 1, erster Halbsatz).
Das nämliche muß gelten, wenn eine unteilbare Kaufsache auch nur zu einem
Teil untergeht; geht dagegen eine teilbare Kaufsache nur zu einem Teil unter,
so wird der Käufer auch von seiner Kaufpreisschuld nur zu einem verhältnis-
mäßigen Teil befreit (s. 323 1, zweiter Halbsatz).
Beispiel. Gleich nachdem A. von B. ein aus mehreren Bänden bestehendes Buch ge-
kauft hat, geht einer der Bände zufällig zugrunde. Hier ist A. von der Kaufpreisschuld
ganz befreit, wenn der zerstörte Band im Handel nicht einzeln zu haben ist; andernfalls ist
er von der Kaufpreisschuld nur in Höhe des gerade auf den Band entfallenden Teils des
Preises befreit.
2. Die Regeln zu 1 müssen sich aber eine weitgehende Ausnahme zu-
gunsten des Verkäufers gefallen lassen: der zufällige Untergang der verkauften
Sache hat nämlich von einem bestimmten Zeitpunkt ab befreiende Wirkung
nur für den Verkäufer, nicht für den Käufer; jener braucht die Kaufsache fortab
nicht zu liefern, dieser muß sie trotzdem bezahlen. Demgemäß sagt man, daß
in diesem Zeitpunkt die Gefahr des Unterganges der Kaufsache vom Ver-
käufer auf den Käufer übergegangen sei.
à) Als Zeitpunkt des Gefahrüberganges gilt im allgemeinen der Augen-
blick, in dem der Verkäufer die verkaufte Sache dem Käufer übergibt (446 1):
Gefahrübergang und Übergabe der Kaufsache fallen der Regel nach zusammen.
In einigen Fällen wird aber der Gefahrübergang auf einen andern Zeitpunkt
verlegt.
a) Erster Fall: verkauft ist ein Grundstück; schon vor der Übergabe läßt
der Verkäufer das Grundstück dem Käufer vor dem Grundbuchamt auf, und
der Käufer wird als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Hier geht
die Gefahr bereits im Augenblick dieser Eintragung auf den Käufer über
(446 II).
6) Zweiter Fall: verkauft ist eine Fahrnissache; auf Verlangen des