Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 122. Gesahrübergang beim Kauf. 489 
eins von beiden; im günstigsten Fall erhält also A. den Kaufpreis nur von B. oder nur 
von C.“ 
3. Der Satz, daß die Gefahr des zufälligen Unterganges der Kaufsache in 
dem zu 2 genannten Zeitpunkt vom Verkäufer auf den Käufer übergeht, bedarf 
nach zwei Richtungen hin noch einer genaueren Bestimmung. 
a) Erster Fall: der Untergang der Kaufsache ist vor dem Gefahrüber- 
gange erfolgt. Hier bedeutet jener Satz weiter nichts, als daß der Verkäufer 
den Anspruch auf den Kaufpreis verliert, weil er infolge des Unterganges der 
Sache zur vollständigen Erfüllung seiner Verkäuferpflichten außerstande und 
demnach allgemeinen Regeln zufolge auch der Käufer von seinen Käuferpflichten 
befreit ist. Dagegen besagt der Satz nicht auch, daß der Verkäufer dem 
Käufer für die untergegangene Sache irgendeinen Ersatz leisten müßte. Viel- 
mehr verbleibt es in dieser Beziehung bei der Vorschrift, daß der Verkäufer 
eine zufällig verursachte Unmöglichkeit der Erfüllung seiner Pflichten nicht zu 
vertreten braucht. 
Beispiel. A. hat dem B. eine Sache für 1000, B. hat sie sofort weiter an C. für 
1200 Mk. verkauft; B. teilt letzteres dem A. mit und bittet ihn, die Sache unmittelbar an C. 
zu senden; noch vor der Absendung verbrennt die Sache. Hier braucht B. an A. die 1000, 
C. an B. die 1200 Mk. nicht zu zahlen; B. kann aber nicht etwa beanspruchen, daß A. den 
ihm hierdurch entgehenden Gewinn von 200 Mk. ersetzt. 
Den der Regel zu a zu Grunde liegenden Gedanken drückt man auch durch die Formel 
aus, daß der Verkäufer, solange die Gefahr nicht auf den Käufer übergegangen, wohl das peri- 
culum obligationis, nicht aber auch das periculum rei trage. 
b) Zweiter Fall: der Untergang der Kaufsache ist nach dem Gefahr- 
übergange erfolgt. Hier bedeutet jener Satz weiter nichts, als daß der Ver- 
käufer den Anspruch auf den Kaufpreis behält, auch wenn er infolge des 
Unterganges der Sache zur vollständigen Erfüllung seiner Verkäuferpflichten 
außerstande ist und demnach allgemeinen Regeln zufolge auch der Käufer von 
seinen Käuferpflichten befreit sein würde. Dagegen besagt der Satz nicht auch, 
daß der Verkäufer den Anspruch auf den Kaufpreis sogar dann behält, wenn 
er zur vollständigen Erfüllung seiner Verkäuferpflichten nicht ausschließlich in- 
folge des Unterganges der Sache, sondern auch infolge andrer davon unab- 
hängiger Umstände außerstande ist. Vielmehr verbleibt es in dieser Beziehung 
bei der Vorschrift, daß der Verkäufer den Kaufpreis nur beanspruchen kann, 
wenn er seinen eignen Verkäuferpflichten voll nachkommen kann. 
Beispiele. I. A. hat die Sachen X, y und 2z an B. verkauft; X gehört ihm; y gehört 
dem C. und ist dem A. von C. nur zur Verwahrung übergeben; A. nimmt aber in ent- 
schuldbarem Irrtum an, C habe ihn zum Verkauf ermächtigt; 2 endlich gehört dem D., ist 
ihm aber vor einem Jahr gestohlen und von dem Diebe an den redlichen A. veräußert; nun 
sendet A. die drei Sachen dem B. auf dessen Verlangen zu; auf dem Transport verbrennen 
sie. Hier kann A. den Kaufpreis für z zweifellos fordern; denn wäre die Sache nicht ver- 
brannt, so würde er sie dem B. übergeben und ihm auch das Cigentum daran verschafft 
4) Abw. Endemann 1 S. 956; Planck-Greiff Anm. 2b 8 zu § 446: Martinius, Arch. 
f. BR. 17 S. 72. 
5) Siche Crome 2 S. 4142.
	        
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