8 122. Gefahrübergang beim Kauf. 491
später die engere Wahl, — sei es durch den Verkäufer, sei es durch den Käufer — stattfinden
soll. Alsdann wird, wie bereits oben S. 365 g angedeutet, die Gattungsschuld des Verkäufers
in eine alternative Speziesschuld verwandelt und demgemäß der Gefahrübergang zum Nach-
teil des Käufers verschoben. Im Gesetz ist das freilich nicht bestimmt, aber doch wohl
selbstverständlich. — Beispiel: A. und B. bestellen getrennt voneinander bei C. je 50 Flaschen
Moselwein derselben Sorte auf denselben Tag; da sie nahe beieinander wohnen, schickt C. die
100 Flaschen in einem Wagen ab, ohne die für A. bestimmten Flaschen von den für B.
bestimmten abzusondern; auf dem Transport werden die 100 Flaschen zufällig zerstört. Hier
ist die Gefahr der Sendung mit der Absendung auf A. und B. übergegangen.7
5. a) War der Kauf unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen,
so wird der Ubergang der Gefahr auf den Käufer bis zum Eintritt der Be-
dingung hinausgeschoben. Wird also die Kaufsache durch einen Zufall zerstört,
noch ehe die Bedingung eingetreten ist, so ist der Käufer von der Bezahlung
des Kaufpreises selbst dann befreit, wenn die Sache ihm bereits übergeben oder
bereits an ihn abgesendet war, ehe jener Zufall sich ereignete. 3
b) Dagegen schließt eine auflösende Bedingung während ihres Schwebens
den Gefahrübergang nicht aus. v
Beispiel. I. Der Ruderklub in M. bestellt bei A. in N. ein schwimmendes Bootshaus
unter der Bedingung, daß die Strompolizei die Anlegung des Hauses am Werft in M. ge-
stattet; vertragsgemäß soll die Lieferung des Hauses erfolgen, sobald das Haus fertiggestellt
und jene polizeiliche Erlaubnis erteilt ist; doch liefert A., der gerade einen Schlepper zur
Verfügung hat, das Haus schon am 1. Juni, noch ehe die polizeiliche Erlaubnis erteilt ist,
in M. ab, da er sicher darauf rechnet, daß sie nicht verweigert werden wird; der Klub läßt
sich diese vorzeitige Lieferung auch vorbehaltlos gefallen, nimmt aber aus Respekt vor der
Polizei das Haus zunächst nur in Besitz, nicht aber in Benutzung; am 5. Juni wird die
polizeiliche Erlaubnis erteilt; einen Tag vorher ist das Haus durch Blitzschlag zerstört. Hier
trägt A. die Gefahr des Hauses. II. Derselbe Fall; nur hat der Klub das Haus sofort
nach der Ablieferung im Einverständnis mit A. in Benutzung genommen. Hier ist die
Gefahr des Hauses auf den Klub übergegangen. Denn es ist anzunehmen, daß die Parteien
durch die vorzeitige Lieferung und Abnahme des Hauses die aufschiebende Bedingung der
polizeilichen Genehmigung in die auflösende Bedingung der Nichtgenehmigung verwandelt
haben.
6. Mitunter werden die vorstehenden Regeln durch Vereinbarung der
Parteien abgeändert, etwa in der Art, daß die Gefahr der Kaufsache sofort
mit dem Kaufabschluß auf den Käufer übergehn solle.
II. Dem Fall, daß die Kaufsache nach dem Kaufabschluß untergeht, ist
der Fall gleichzustellen, daß die Sache nach dem Abschluß des Kaufs gestohlen,
unterschlagen oder mit Rechten Dritter belastet wird. Ebenso steht ihm der
Fall, wenn auch nicht gleich, so doch nahe, daß die Sache nach dem Abschluß
des Kaufs beschädigt wird; von den besondern Rechten, die der Käufer in
diesem Fall hat, wird aber erst später (s. unten S. 514, 515 ·5) zu handeln sein.
Beispiel. Wird die Kaufsache dem Käufer auf dessen Verlangen nach einem andern
Ort als dem Erfüllungsort zugeschickt, so trägt der Verkäufer nicht bloß die Gefahr, daß die
Sache während des Transports abbrennt, sondern auch die Gefahr, daß sie unterwegs ent-
7) Ortmann Anm. 5b zu § 243. Abw. RH. 22 Nr. 64, 23 Nr. 51: Goldmann 1
S. 482 12. 8) Crome 2 S. 420 7.
9) Ortmann Anm. 6b § zu § 446. Vgl. Crome 2 S. 420 7.