508 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen.
in dem entschuldbaren Irrtum abgeschlossen hat, die Sache sei sein Eigentum
und frei von Rechten Dritter.
Beispiele. I. A. hat Silbersachen, die er dem damaligen Eigentümer B. gestohlen
hatte, 1901 an den gutgläubigen C., dieser hat sie 1909 an den gutgläubigen D. verkauft
und übergeben;: 1910 erfährt D. durch einen Zufall den Diebstahl. Hier kann D. seinen
Verkäufer C. sofort haftbar machen; denn er ist nicht Eigentümer der Sachen geworden,
sondern das Eigentum ist bei B. verblieben (935 1); C. hat also, als er die Sachen dem
D. übergab, seine Verkäuferpflichten zwar zu erfüllen geglaubt, tatsächlich aber nicht erfüllt;
D. kann demnach verlangen, daß C. das Eigentum B.s zu seinen gunsten nachträglich be-
seitigt, also etwa den B. durch Zahlung einer Abfindungssumme zum Verzicht auf sein
Eigentum bestimmt. Und zwar ist C. dem D. nicht bloß haftbar, wenn B. sich bei D.
meldet und die Sachen „evinziert“, sondern auch dann, wenn B. von dem Verbleibe der
Sachen keine Kenntnis hat und nach menschlichem Ermessen auch nie erfahren wird, daß sie
sich zurzeit im Besitz D.s befinden. II. E. hat Wertsachen, die er seinem Bruder F. zur
Verwahrung übergeben hatte, dem G. verkauft und dadurch übereignet, daß er am 2. März
seinen gegen F. gerichteten Herausgabeanspruch dem G. abgetreten hat; nachträglich stellt
sich heraus, daß F. die Sachen am 1. März ungetreuerweise dem gutgläubigen H. verpfändet
hatte. Hier kann G. verlangen, daß E. die Sachen von dem Pfandrecht des H. befreit.
Dagegen wäre anders zu entscheiden, wenn F. die Sachen erst am 3. März verpfändet hätte;
denn dann hätte ja E. seine Verpflichtung, dem G. das pfandfreie Eigentum der Sachen zu
verschaffen, am 2. März erfüllt; daß die Sachen einen Tag später mit einem Pfandrecht
zugunsten des H. belastet wurden, ginge den E. nichts mehr an.
c) Die Verpflichtung des Verkäufers, dem Käufer für einen Mangel im
Recht einzustehn, erleidet aber mancherlei Beschränkungen.
a#) Die Verpflichtung fällt fort beim Verkauf in der Zwangsvollstreckung
(s. ZPO. 806, RZwG. 50).
6) Die Verpflichtung fällt fort, wenn der Käufer beim Kaufabschluß den
Mangel im Recht nachweislich gekannt hat (439 1).3 Nur für Pfandrechte
(Hypotheken, Grundschulden, Faustpfandrechte usw.) gilt eine Ausnahme: der
Verkäufer muß sie auch dann beseitigen, wenn sie dem Käufer beim Kaufab-
schluß bekannt gewesen sind (439 11).4
Beispiele. I. 1. A. hat dem B. die Häuser 1X, y und 2 verkauft; B. hat beim Kauf-
abschluß gewußt, daß X nicht dem A., sondern der Ehefrau A.s gehörte, daß auf y ein
Wegerecht zugunsten eines Nachbargrundstücks ruhte und daß z mit einer Hypothek des C.
belastet war. Hier kann B. von A. die Ubereignung von y und 2 und die Beseitigung der
auf 2 lastenden Hypothek fordern; dagegen kann er die libereignung von X und die Be-
seitigung des auf y ruhenden Wegerechts nicht beanspruchen. II. Derselbe Fall; nur hat B.
irrtümlich angenommen, daß Frau A. ihren Mann zum Verkauf von k ermächtigt habe.
Hier kann B. von A. auch die Übereignung von z (oder, wenn diese daran scheitert, daß
Frau A. ihre Zustimmung verweigert, Schadensersatz) verlangen. III. Derselbe Fall; nur
kann dem B. nicht nachgewiesen werden, daß er beim Kauf das auf yF ruhende Wegerecht
gekannt hat; freilich steht das Wegerecht im Grundbuch eingetragen; aber es ist nicht sicher,
ob B. das Grundbuch sich genau angesehn hat. Hier kann B. von A. auch die Beseitigung
des Wegerechts fordern; denn aus der Eintragung des Wegerechts im Grundbuch folgt
höchstens, daß B. das Dasein des Rechts hätte kennen müssen, nicht aber auch, daß es ihm
wirklich bekannt gewesen ist; das Kennenmüssen steht aber dem Kennen nicht gleich.5
7) Die Verpflichtung fällt fort, wenn es sich um den Verkauf eines Grund-
3) Siehe hierzu RG. 52 S. 168, 275 (I).
4) RG. 57 S. 4. 5) RG. 59 S. 408.