Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

512 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
Zurückgabe der Sache gleichgestellt. Doch muß er zuvor seine Pfandschuld gegenüber E. 
erfüllen; denn nur dann ist sein Herausgabeanspruch fällig, und das Gesetz will, wie es 
scheint, der Rückgabe der Sache nur die Abtretung eines fälligen Herausgabeanspruchs 
gleichstellen. 
5) Bezüglich des Grundstückskaufs hat der Gesetzgeber von der Auf- 
stellung besondrer Regeln abgesehn. Demgemäß ist anzunehmen, daß der 
Käufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung auch ohne die für den Fahrnis- 
kauf geltenden Einschränkungen fordern darf, also namentlich auch dann, wenn 
er das Grundstück weiter veräußert hat, und nicht in der Lage ist, es dem 
Verkäufer oder dem Drittberechtigten herauszugeben. 
Beispiel. A. hat das in seinem Besitz befindliche aus 20 Parzellen bestehende Landgut 
dem B. verkauft, übergeben und, wie er meint, auch übereignet; nachträglich stellt sich aber 
heraus, daß eine der Parzellen zwar von A. dem B. übergeben und aufgelassen, im Grund- 
buch aber nicht auf B. umgeschrieben ist, weil sie in Wahrheit dem C. gehört und auch im 
Grundbuch auf C.# Namen eingetragen ist. Hier muß A. dem B. wegen dieser Parzelle 
Schadensersatz wegen Nichterfüllung leisten, ohne daß er die Rückgewähr der Parzelle an 
sich oder die Herausgabe an C. fordern dürfte. Denn die Tatsache, daß B. zunächst im 
Besitz der Parzelle bleibt, geht — so scheint die Auffassung des Gesetzes zu sein — den A. 
nichts an,? sondern ist nur für das Rechtsverhältnis zwischen B. und C. von Belang. 
Schwierig liegt folgender Fall: A. hat sein Haus dem B., B. hat es gleich darauf 
dem C. verkauft, übergeben und übereignet; nachträglich stellt sich heraus, daß auf dem 
Hause eine äußerst lästige Dienstbarkeit zugunsten des D. ruht, die, weil lange vor 1900 
begründet, im Grundbuch nicht eingetragen und weder dem A. noch dem B. oder C. bekannt 
war; C. kann sich, als er die Dienstbarkeit erfährt, jahrelang nicht entschließen, ob er von 
B. Beseitigung der Dienstbarkeit oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordern soll. Wie 
kann in diesem Fall B. seinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gegen A. 
geltend machen? 
IV. Ist dem Verkäufer die Erfüllung seiner Verpflichtung, dem Käufer 
das Eigentum der Kaufsache frei von Rechten Dritter zu beschaffen, dauernd 
unmöglich, so gelten die Regeln zu III analog. Das will besagen: die Un- 
möglichkeit der Erfüllung jener Pflicht wird vorbehaltlich der zu III, 2 be- 
sprochenen Einschränkungen gerade ebenso behandelt wie die Unmöglichkeit der 
Ubergabe der Kaufsache. Demnach ist der Verkäufer, wenn die Unmöglichkeit 
erst nach Abschluß des Kaufs eintritt, von jeder Schadensersatzpflicht frei, so- 
bald er beweist, daß die Unmöglichkeit auf Umständen beruht, die er nicht zu 
vertreten braucht. i0 
Beispiel. Ein dem A. gehöriges und im Grundbuch auf seinen Namen eingetragenes 
Grundstück wird im Mai irrtümlich auf den Namen des B. umgeschrieben und im Juli von 
B. dem redlichen C. übereignet; eben dies Grundstück hat A. dem D. verkauft; erst als er 
es im August dem D. auflassen will, erfährt er, daß er insolge der Ubereignung des Grund- 
stücks an C. hierzu außerstande ist (s. 891); irgendein Verschulden sällt dem A. nicht zur 
Last. I. Hier ist A. dem D. zu Schadensersatz verpflichtet, wenn der Kaufvertrag zwischen 
beiden erst im August abgeschlossen ist; denn alsdann war ihm von Anfang an die Er- 
füllung seiner Verkäuferpflicht unmöglich (loben S. 100 b). II. Dagegen ist A. nicht ersatz- 
pflichtig, wenn der Kaufvertrag schon im April abgeschlossen wurde; denn alsdann ist ihm 
die Erfüllung seiner Verkäuferpflicht erst nachträglich unmöglich geworden, und die Ver- 
9) Abw. unsre 4. Aufl. S. 435 11, Crome 2 § 219 3. 
10) Planck-Greiff Anm. 1 a zu § 440.
	        
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