Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 127. Gewähr für ordnungsmäßige Beschaffenheit der Kaufsache. Wandlung. 523 
40) Das Wandlungsrecht wird von der Verjährung allgemeiner Regel 
gemäß nur insoweit unmittelbar getroffen, als es Anspruchsrecht ist, d. h. als 
es darauf geht, daß der Käufer vom Verkäufer die Einwilligung in die Wand- 
lung verlangen kann (477 1), während es insofern, als es Einrederecht ist 
(oben S. 519 aa), nicht verjährt. Doch wird die Wandlungseinrede von der Ver- 
jährung des Wandlungsanspruchs mittelbar sehr empfindlich berührt: der Käufer 
muß nämlich, ehe sein Wandlungsanspruch verjährt, dem Verkäufer von dem 
Mangel, wegen dessen die Einrede erhoben werden soll, wenigstens eine An- 
zeige machen 10; tut er dies, so hat er die Wandlungseinrede für immer ge- 
rettet; tut er es nicht, so hat er in dem Zeitpunkt, in dem der Wandlungs- 
anspruch verjährte, die Wandlungseinrede für immer verloren; daß die An- 
zeige noch vor der Verjährung des Wandlungsanspruchs beim Verkäufer ein- 
trifft, ist nicht nötig, sondern es genügt, wenn sie nur vor diesem Zeitpunkt 
an den Verkäufer abgesendet ist (478 1 Satz 1). 
Beispiele. I. A. hat dem B. am 1. April einen unbrauchbaren Gasmotor geliefert, 
ohne etwas von den Fehlern des Motors zu wissen: B. hat 100 Mk. darauf sofort ange- 
zahlt; den Rest mit 500 Mk. soll er am 1. Juli entrichten, unterläßt aber die Zahlung: 
A. und B. überbieten sich in Geduld, A., indem er den B. wegen der 500 Mk. nicht mahnt, 
B., indem er sich mit dem Motor schweigend abquält. Hier zeigt es sich am 1. Oktober, 
daß die Geduld des A. klug, die des B. töricht war; denn A. kann jetzt seine 500 Mk. 
sordern, während der Wandlungsanspruch des B. verjährt und sein Recht, die Zahlung der 
500 Mk. mittels Einrede zu verweigern, erloschen ist. II. Derselbe Fall wie zu 1; nur hat 
B. am 30. September dem A. die Unbrauchbarkeit des Motors brieflich angezeigt. Hier 
ist sein Wandlungsanspruch gleichfalls verjährt und damit die Hoffnung, die angezahlten 
100 Mk. zurückzubekommen, verloren; dagegen ist die Einrede bezüglich der 500 Mk. ge- 
rettet, selbst wenn A. den Brief B.s nie erhalten hat. III. Derselbe Fall wie zu II; nur 
hat B. am 30. Seplember die Wandlung des Kaufs verlangt, und A. hat sie sofort be- 
willigt; seitdem ist ein Jahr vergangen, ohne daß B. etwas von sich hat hören lassen. Hier 
kann B. nach wie vor auf der Wandlung bestehn; denn durch die Einwilligung A.s ist die 
Verjährung des Wandlungsanspruchs B.s nicht etwa bloß unterbrochen, so daß sie sosort 
ihren sechsmonatigen Lauf von neuem begonnen hätte (s. 217), sondern der Wandlungs- 
anspruch B.s ist damit erfüllt und an seine Stelle der Anspruch auf Rückzahlung der 100 Mk. 
getreten; dieser Anspruch verjährt aber erst in 30 Jahren (195). 
Die Anzeige des Mangels muß mit einiger Genauigkeit geschehn.o Eine Erklärung, 
daß der Käufer wegen des Mangels wandeln wolle, braucht mit der Anzeige nicht verbunden 
zu werden. 
ee) Hat der Verkäufer den Mangel, wegen dessen der Wandlungsanspruch 
erhoben wird, arglistig verschwiegen (s. unten S. 527 V), so tritt an die Stelle 
der zu ao genannten abgekürzten die ordentliche dreißigjährige Verjährungs- 
frist (477 1 Satz 1, 195).21 Auch ist die Regel, daß die Wandlungseinrede 
erlischt, wenn der Käufer den Mangel nicht vor der Verjährung des Wand- 
lungsanspruchs dem Käufer angezeigt hat, in diesem Fall unanwendbar (478 II). 
5) Während für den Rücktritt vom Kauf der Fall, daß der Kauf eine Mehrheit von 
Sachen betrifft, nicht besonders geregelt ist, hat das Gesetz für die Wandlung diesem Fall 
eine ganze Reihe von Vorschriften gewidmet. 
19) Siehe R. 59 S. 150. 
20) Düringer-Hachenburg, Komment. z. HG. 3 S. 164. 
21) RG. 66 S. 88.
	        
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