8 127. Gewähr für Beschaffenheit der Kaufsache. Ersatzlieferung. Preisminderung. 525
kräftiges Urteil ersetzt ist, besteht ein Schwebezustand, während dessen der Käufer
die Bezahlung des ausstehenden Kaufpreises durch Einrede (Ersatzliefe-
rungseinrede) verweigern und sein Verlangen einer Ersatzlieferung beliebig
zurücknehmen kann.
c) Der Verkäufer kann den Käufer, wenn dieser ihm gegenüber einen
Mangel der Sache behauptet, unter dem Erbieten einer Ersatzlieferung und
unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber auffordern,
ob er die Ersatzlieferung verlange; die Ersatzlieferung kann in diesem Fall nur
bis zum Ablauf der Frist gefordert werden (480 I, 466).
d) Die Verjährung des Ersatzlieferungsanspruchs und der Einfluß dieser
Verjährung auf die Ersatzlieferungseinrede ist ebenso geregelt wie beim Wand-
lungsanspruch (480 I, 477, 478).
e) Betrifft der Kauf eine Mehrheit von Sachen, von denen nur ein Teil mangelhaft ist,
so kann das Ersatzlieferungsrecht regelmäßig nur wegen der mangelhaften Sachen geltend
gemacht werden (s. 480 I, 469, 470).
3. Drittens hat der Käufer ein Recht auf Preisminderung (462),
d. h. er kann vom Verkäufer verlangen, daß dieser statt in die Wandlung des
Kaufs — oder beim Gattungskauf in eine Ersatzlieferung — in eine ange-
messene Herabsetzung des bedungenen Kaufpreises willige (Preisminde-
rungsanspruch, actio quanti minoris).
a) Die Preisminderung erfolgt so, daß der bedungene Kaufpreis nach
Verhältnis des Werts, den die Kaufsache in mangelfreiem Zustande haben
würde („idealer objektiver Wert“) zu dem Wert, den sie in ihrem mangel-
haften Zustande wirklich hat („wirklicher objektiver Wert"), herabgesetzt wird
(4720); es wird also der bedungene Preis zwar nicht dem wirklichen objektiven
Wert der Sache in ihrem mangelhaften Zustande gleichgestellt, aber doch ihm
angepaßt: der ideale und der wirkliche objektive Wert geben die Verhältnis-
zahlen ab, nach denen aus dem von den Parteien in dem Kaufvertrage nach
Maßgabe ihrer subjektiven Anschauungen und Münsche bestimmten Preise ein
neuer Preis berechnet wird, auf daß er jene Anschauungen und MWünsche
in verändertem Maßstabe gleichsam wiederspiegele; und zwar ist als Zeitpunkt
für die Feststellung des objektiven Werts der Kaufsache — sowohl des idealen
wie des wirklichen — die Zeit des Kaufabschlusses maßgebend, weil es sich ja
lediglich darum handelt, die beim Kaufabschluß getroffene Preisabrede zu ver-
bessern, und hierzu nur die Wertschätzungen aus der Zeit des Vertragsschlusses
benutzt werden können (472).
Beispiele. A. hat dem B. eine Florabüste für 10000 Mk. verkauft; noch ehe die Büste
dem B. übergeben wird, wird sie durch einen Zufall beschädigt; als B. zur Abschätzung des
Schadens die Büste einem Sachverständigen bringt, erklärt dieser sie für einen echten Lio-
nardo und bestimmt ihren Wert im unbeschädigten Zustande auf 200 000 Mk., im be-
schädigten auf 150000 Mk. Hier kann B., obschon er die Büste immer noch um 140000 Mk.
zu billig erworben hat, doch noch eine Preisermäßigung um 2500 Mk. beanspruchen. Ob
A. diesen Ersatzanspruch damit abwehren kann, daß er den Kauf wegen Irrtums anseicht, sei
hier dahingestellt.