8 130. Die einzelnen Verpflichtungen des Käufers. Zahlungsverzug. 539
Verspätung oder auf Zurückweisung des Kaufpreises und Schadensersatz wegen
Nichtzahlung, während ihm ein Recht, vom Vertrage zurückzutreten, nicht zu-
steht (454). Verlangt er Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so ist er nicht
befugt, Rückgabe der dem Käufer gelieferten Sache zu verlangen.
Beispiele. A. hat im April Waren an B., an C. und an D. verkauft; B. und C.
sollen den Kaufpreis Zug um Zug gegen Lieferung der Ware zahlen, während dem D. ein
Zahlungsziel bis zum 1. Juli bewilligt ist; noch im April bietet A. die Waren gegen
Zahlung des Kaufpreises dem B. an, verweigert aber die Lieferung, als B. keine Zahlung
leistet; dagegen führt er die Lieferung der Ware an C. und D. ohne Zahlung des Kauf-
preises aus; als die drei Käufer die Zahlung bis zum 1. Oktober nicht geleistet haben, setzt
er ihnen eine Nachfrist bis zum 15. Oktober; auch in dieser Nachfrist erfolgt aber keine
Zahlung. Hier kann A. die Lieferung der Ware dem B. endgültig verweigern und von C.
die Rückgewähr der Ware verlangen; dagegen kann er die Warenlieferung an D. nicht rück-
gängig machen.
Daß der Verkäufer, wenn er wegen Nichtzahlung des gestundeten Kaufpreises von dem
säumigen Käufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordert, die Rückgabe der Kaufsache
nicht verlangen kann, ist im Gesetz nicht ausdrücklich bestimmt, ergibt sich aber daraus, daß
er bei einem derartigen Zahlungsverzuge des Käufers kein Recht haben soll, vom Vertrage
zurückzutreten; denn wenn ihm das letztere schwächere Recht versagt ist, kann ihm das erstere
stärkere Recht unmöglich zustehn. Doch ist das Schweigen des Gesetzes sehr befremdlich.
Nicht zu verkennen ist, daß darin ein sehr gewichtiges Argument für die oben S. 406“ be-
kämpfte Lehre liegt, es könne bei gegenseitigen Verträgen eine Partei, die Schadensersatz
wegen Nichterfüllung verlangt, ihre eigne bereits vollzogene Leistung überhaupt nicht zurück-
fordern. Die ganze Frage ist eben vom Gesetz so unklar wie möglich behandelt.
Wenn es richtig ist, daß ein Verkäufer, der wegen Nichtbezahlung des gestundeten
Kaufpreises von dem säumigen Käufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordert, die
Rückgabe der ihm bereits gelieferten Ware nicht verlangen kann, so hat jene Schadensersatz-
forderung praktisch wenig zu besagen. Immerhin ist sie nicht ganz bedeutungslos, wie sich
namentlich dann zeigt, wenn der gestundete Kaufpreis in mehreren Raten zu zahlen ist.
Hier kann nämlich der Verkäufer, wenn der Käufer auch nur mit einer Rate in Verzug
gerät, als Schadensersatz wegen Nichterfüllung die sofortige Zahlung des ganzen Kaufppreises
beanspruchen.
Eine Stundung des Kaufpreises liegt darin noch nicht, daß der Käufer die Kaufsache
liefert, ohne den Kaufpreis sofort einzufordern; denn hiermit hat der Verkäufer auf das
Recht sofortiger Einforderung noch nicht verzichtet. Vielmehr ist vorausgesetzt, daß der Ver-
käufer dem Käufer eine wirkliche rechtsverbindliche Zahlungsfrist bewilligt hat. Und auch
nicht jede dem Käufer bewilligte Zahlungsfrist genügt, sondern nur eine solche, die den
Käufer ermächtigt, später zu leisten als der Verkäufer; ist also z. B. in dem am 1. April
geschlossenen Kaufvertrage sowohl die dem Käufer obliegende Zahlung wie die dem Verkäufer
obliegende Lieferung bis zum 1. Oktober gestundet, so kommen, wenn der Verkäufer seine
Verpflichtung (am 1. Oktober oder auch freiwillig schon im September) erfüllt, der Käufer
dagegen in Zahlungsverzug gerät, nicht die Regeln zu c, sondern die zu b zur Anwendung.
2. a) Der Käufer muß den Kaufpreis von dem Zeitpunkt ab verzinsen,
von dem an die Nutzungen der Kaufsache ihm gebühren (452; s. unten S.
542), und zwar auch dann, wenn die Sache tatsächlich keine Nutzungen ab-
wirft. So selbst bei den kleinen Käufen des täglichen Lebens, obschon hier
die Verkäufer von ihrem Zinsanspruch keinen Gebrauch zu machen pflegen.
b) Die besondre Zinspflicht zu a fällt fort, wenn der Kaufpreis gestundet
ist (452): ein gestundeter Kaufpreis ist nur nach den allgemeinen Regeln zu
verzinsen, also gewöhnlich erst dann, wenn der Käufer vom Verkäufer wegen
des Kaufpreises gemahnt ist.