§ 135. Gefahr der Mietsache. Pflichten des Vermieters. 553
sondern bleibt zur Zinszahlung bis zu dem Augenblick des Unterganges der
Sache verbunden. Entsprechende Regeln gelten, wenn die Mietsache beschädigt
wird. : Man kann deshalb die Formel aufstellen: während die Gefahr einer
Kaufsache mit der Übergabe der Sache vom Verkäufer auf den Käufer über-
geht, bleibt die Gefahr einer Mietsache trotz der Übergabe während der ganzen
Mietzeit beim Vermieter.
2. Die allgemeinen für gegenseitige Verträge geltenden Vorschriften müssen
sich aber bei der Anwendung auf den Mietvertrag mancherlei Ausnahmen ge-
fallen lassen. Insbesondre läßt sich die Regel, daß die Parteien ihre Ver-
pflichtungen Zug um Zug erfüllen müssen, bei der Miete nicht durchführen.
II. Die Verpflichtungen des Vermieters sind die folgenden.
1. a) Der Vermieter muß dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch der
Mietsache samt Zubehör während der ganzen Dauer der Mietzeit nicht bloß
passiv gestatten, sondern aktiv „gewähren“ (535).
b) Doch braucht der Vermieter den Gebrauch der Mietsache nur dem
Mieter selbst — unter Umständen, namentlich bei einer Mietwohnung, auch
dem Hausstande des Mieters — zu gewähren. Dagegen darf der Mieter den
Gebrauch der Mietsache nicht einem Fremden überlassen; er darf ihm also
weder sein Gebrauchsrecht abtreten noch ihm die Mietsache weitervermieten
oder leihen (549).
2. Wie der Vermieter seinen Verpflichtungen nachzukommen hat, hängt
von der Beschaffenheit der Mietsache und der Art des dem Mieter zustehenden
Mietgebrauchs ab. Doch lassen sich allgemein drei Hauptverpflichtungen des
Vermieters — analog den drei Hauptverpflichtungen des Verkäufers — an-
nehmen.
a) Der Vermieter muß bei Beginn der Mietzeit regelmäßig die Sache
dem Mieter zum Mietbesitz übergeben.
Doch gibt es Ausnahmen. 1 So kann, wer eine Kegelbahn auf eine Stunde mietet,
nicht beanspruchen, daß er für diese Zeit Besitzer der Bahn im Rechtssinn wird, sondern
muß sich mit bloßer Inhabung (Besitzdienerschaft) begnügen. Genaueres hierüber in der
Lehre vom Besitz.
b) Der Vermieter muß den Mieter ferner während der ganzen Dauer
der Mietzeit im ungestörten Mietbesitz schützen, sowohl gegen Angriffe dritter
Personen als auch gegen Naturereignisse.:
Beispiele. I. Der Mieter eines Hauses kann Abhülfe vom Vermieter fordern, wenn
ihm ein Nachbar eigenmächtig ein Stück Gartenland wegnimmt oder den Garten als Durch-
gang benutzt oder ihn bei Nachtzeit durch Flötenspiel belästigt. II. Ebenso kann der Mieter
eines Pferdes Abhülfe vom Vermieter fordern, wenn ihm ohne seine Schuld das Pferd
davonläuft und niemand weiß, wo es sich befindet.
Diese Pflicht des Vermieters erinnert an die Pflicht des Verkäufers, dem Käufer für
„Mängel im Recht“ Gewähr zu leisten. Genau besehn sind aber beide Pflichten doch sehr
verschieden. I. Die Pflicht des Vermieters ist strenger. Namentlich umfaßt sie auch An-
griffe unberechtigter Dritter, z. B. die eigenmächtige Besitzstörung seitens eines Nachbarn.
1) Endemann 1 § 168 5. 2) Abw. Crome 2 § 23517.