556 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen.
Die Regeln zu c gelten auch dann, wenn der Vermieter seine Verpflichtungen nur
zeilweise unerfüllt läßt, z. B. die vermietete Wohnung ohne den mitvermieteten Garten über-
gibt: doch wird der Mieter, falls er die Teilerfüllung angenommen, von der Entrichtung
des Mietzinses nicht ganz, sondern nur zu einem entsprechenden Teil befreit; sein Kün-
digungsrecht bezieht sich dagegen auch in diesem Fall auf den ganzen Mietvertrag, es sei
denn, daß die Pflichtverletzung des Vermieters eine unerhebliche war (542 11).
Unanwendbar soll nach der Ansicht des Reichsgerichts die Vorschrift zu c sein, wenn
die Erfüllung der Vermieterpflichten vorübergehend ganz unmöglich, also z. B. wenn das Miet-
haus abgebrannt ist, mag es auch rasch wieder aufgebaut werden: hier brauche nämlich der
Mieter den Mietvertrag nicht erst unter Einhaltung einer Nachfrist zu kündigen, sondern
der Mictvertrag sei sofort kraft Gesetzes (275, 323) aufgehoben. 5 Ich halte diese Entschei-
dung nicht für zutreffend, weil die Regeln zu c (542) als Sondervorschriften den ihnen
widersprechenden allgemeinen Regeln (275, 323) vorgehn.
Den Schadensersatzanspruch zu b kann der Mieter auch dann geltend machen, wenn
er von seinem Kündigungsrecht zu c Gebrauch macht, jedoch nur wegen der vor der Kün-
digung liegenden Mietzeit; für die spätere Zeit kann er bloß Ersatz seines negativen Ver-
ragsinteresses, z. B. etwaiger durch die vorzeitige Kündigung veranlaßter Umzugskosten,
fordern.
5. a) Die Regeln zu 4 gelten nicht bloß, wenn der Vermieter die Miet-
sache dem Mieter gar nicht übergibt, sondern auch, wenn er eine andre seiner
Hauptverpflichtungen unerfüllt läßt. Sie greifen also namentlich auch dann
Platz, wenn der dem Mieter gebührende vertragsmäßige Gebrauch der Miet-
sache durch das bessere Recht eines Dritten oder durch einen der Sache an-
haftenden Mangel ausgeschlossen oder beeinträchtigt wird. Somit kann der
Mieter auch in diesen beiden Fällen gemäß den Regeln zu 4 auf der Erfüllung
der Vermieterpflichten bestehn oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordern,
ist von der Entrichtung des Mietzinses befreit und kann ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist kündigen.
Beachtenswert ist hierbei namentlich das Recht des Mieters, auf Erfüllung der Ver-
mieterpflichten zu bestehn. Denn dies bedeutet u. a., daß der Vermieter die mit Fehlern
behaftete Sache tatsächlich ausbessern muß, während wir gesehn haben, daß der Verkäufer
einer fehlerhaften Sache zu deren Ausbesserung nicht verpflichtet ist. Nach den Regeln zu 4
gilt die Ausbesserungspflicht sogar dann, wenn die Fehler der Mictsache erst während der
Mictzeit entstanden sind und ihre Entstehung vom Vermieter gar nicht verhindert werden
konnte; Beispiel: die Fensterscheiben der Mietwohnung werden wenige Tage vor Ablauf der
Miectzeit durch Hagelschlag zertrümmert.
b) Doch gelten für die beiden soeben bezeichneten Fälle (die Mietsache ist
mit Rechten Dritter belastet oder mit Mängeln behaftet) einige besondre Vor-
schriften.
a) Das Recht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung steht dem Mieter,
wenn die Rechte Dritter oder die Mängel der Mietsache schon bei Abschluß
des Mietvertrages vorhanden waren, unbedingt zu, also auch dann, wenn
dem Vermieter kein Verschulden zur Last fällt (538 I, 541). Dagegen kann
er, wenn die Rechte erst nachträglich begründet, die Mängel erst nachträglich
5) RE. 62 S. 228; ebenso Mittelstein S. 136.
6) Tumpowsky, Mängelanspruch des Mieters (02).
7) RG. 52 S. 173; Crome 2 § 236 46.