Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 135. Pflichtverletzuugen des Vermieters. Mängel der Mietsache. 557 
entstanden sind, gemäß den allgemeinen Regeln nur unter der Voraussetzung 
Schadensersatz fordern, daß sie auf einem vom Vermieter zu vertretenden Um— 
stande beruhn oder der Vermieter mit ihrer Beseitigung in Verzug kommt. 
Beispiel. A. vermietet dem B. ein Wohnhaus; einige Stunden vor Abschluß des Miet- 
vertrages wird das Haus, ohne daß A. und B. es erfahren, durch eine Uberschwemmung 
schwer beschädigt. Hier haftet A. auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, auch wenn er 
gar nicht imstande ist, den Schaden bis zum Beginn der Mietzeit zu beseitigen. Dagegen 
wäre er haftfrei gewesen, wenn das Haus durch den Unglücksfall ganz zerstört worden wäre 
(306) oder wenn der Unglücksfall sich einige Stunden später ereignet hätte. Auch dann, wenn 
A. das durch Überschwemmung beschädigte Haus dem B. nicht vermietet, sondern verkauft 
hätte, wäre er nicht schadensersaßpflichtig gewesen (459). 
6) Gerät der Vermieter mit der Beseitigung der auf der Mietsache 
lastenden Rechte Dritter oder der der Sache anhaftenden Mängel in Ver- 
zug, so kann der Mieter die Rechte sowohl wie die Mängel selber beseitigen, 
d. h. er kann die Rechte ihrem Inhaber abkaufen, die mangelhafte Sache 
ausbessern. Die hierzu erforderlichen Aufwendungen muß der Vermieter ihm 
erstatten (538 II, 541). 
„) Hat der Mieter die auf der Mietsache lastenden Rechte Dritter oder 
die der Sache anhaftenden Mängel bereits beim Abschluß des Mietvertrages 
gekannt, so steht ihm ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, 
die Vergünstigung der Befreiung vom Mietzinse, das Kündigungsrecht und 
die Befugnis, die Rechte der Dritten und die Mängel der Mietsache selber zu 
beseitigen nicht zu (539 Satz 1, 541, 543 1), während ihm der Anspruch dar- 
auf, daß der Vermieter die Rechte und die Mängel seinerseits beseitigt und 
im Verzugsfall Schadensersatz wegen Verspätung leistet, auch in diesem Fall 
nicht versagt ist.? Bezüglich der Mängel der Mietsache (nicht aber auch be- 
züglich der Rechte Dritter) 16 steht der Kenntnis des Mieters eine auf grober 
Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis gleich, es sei denn, daß der Vermieter 
die Mängel arglistig verschwiegen oder ihre Abwesenheit besonders zugesichert 
hat; das nämliche gilt, wenn der Mieter die Mängel der Mietsache nachträg- 
lich erfährt und die Sache trotzdem vorbehaltslos annimmt (539 Satz 2, 
460, 464). 
Beispiele. I. A. hat von B. zu einem sehr billigen Mietpreise eine Wohnung ge- 
mietet; als er einzieht, beschwert er sich sofort darüber, daß mehrere Fensterscheiben fehlen, 
die Dielen durchweg verschlissen sind und der Ofen im Eßzimmer für den großen Raum 
viel zu klein ist. Durch Beweisaufnahme wird festgestellt, daß diese von A. gerügten Tat- 
sachen sämtlich schon bei Abschluß des Mietvertrages vorhanden waren und daß A. das 
Fehlen der Scheiben sowie die Verschlissenheit der Dielen schon damals bemerkt hat, die 
Unzulänglichkeit des Ofens aber bei einiger Aufmerksamkeit hätte erkennen können. 1. Hier 
kann A. wegen der Fensterscheiben alle Rechte geltend machen: denn daß B. die Scheiben 
beschaffen muß, ist so selbstverständlich, daß man nicht sagen kann, A. hätte diese Mängel 
der Wohnung bereits beim Abschluß des Mietvertrages gekannt; vielmehr hat A. damals 
nur gewußt, daß die Scheiben in jenem Zeitpunkt fehlten, nicht aber auch, daß sie auch noch 
bei seinem Einzuge fehlen würden; und nur letztere Kenntnis kann ihm seine Rechte wegen 
8) Abw. Mittelstein S. 176. 9) Siehe Mittelstein S. 155 17. 
10) Crome 2 § 236 14.
	        
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